Der Junge erhielt als Patenkind des französischen Königs eine hervorragende Ausbildung in Paris und wurde noch 1323 mit Blanca, einer Tochter des französischen Königs verlobt. Als der Kapetinger Charles IV. 1328 starb, erlosch diese Dynastie, der Cousin des Verstorbenen, der Valois Philippe VI., bestieg den französischen Thron (der war übrigens ein Halbbruder von Blanca).
Da war Karl zwölf Jahre alt. In den folgenden Jahren sollte sich zeigen, dass er sich mit dem neuen König nicht besonders gut verstand. Zwar unterstützte Karl den Anspruch des Valois auf den französischen Thron gegen die englischen Ansprüche - König Edward III. war ein Sohn der Schwester (Isabella) des letzten Kapetingers und zumindest in weiblicher Linie ein näherer Verwandter. In männlicher Linie, das bejahte auch Karl, war aber eben Philippe VI. näher mit den Kapetingern verwandt.
Persönlich verstanden sich der kleine Karl und der 35jährige Philippe jedoch nicht. Philippe war nicht der Vaterersatz für Karl, wie der alte König es gewesen war, der Valois war ein habgieriger Mann, der mit dem böhmischen Kronprinzen nichts persönliches am Hut hatte.
Karl fand in dem Abt Petrus von Rogerii (Pierre Roger) eine neue Vaterfigur, die ihn mit seinen Fastenpredigten beeindruckte. Dieser Abt Petrus sollte noch eine kirchliche Karriere hinlegen und später Erzbischof, Kardinal, ja schließlich sogar Papst werden. Diesem Papst verdankte Karl später seine deutsche Königswahl. 1328 aber hörte er zunächst als Zwölfjähriger seine Predigt. Eine zweite enge Beziehung in Paris fand Karl zu Jean, dem Sohn und Thronfolger des Valois Philippe. Die beiden Thronfolger von Böhmen und Frankreich wurden Freunde.
Die Pariser Kinderzeit ging zu Ende mit der Reise Karls und seiner Gemahlin Blanca 1330 nach Luxemburg. Ein Jahr später ging es auf Geheiß des Vaters nach Italien, wo der 15jährige Karl seinen ersten politischen Auftrag ausführen sollte. Es ging um das Etablieren eines luxemburgischen Herrschaftskomplexes in Oberitalien, den sich die Stadtstaaten sowie Neapel jedoch nicht aufsetzen lassen wollten. Gleich in Pavia erlebte der jugendliche Karl das erste gefährliche Abenteuer, sein Gefolge wurde vergiftet. Nur weil Karl seinen Gottesdienst überzog und das Frühstück zunächst ausfallen ließ, blieb er verschont. Als er nach dem Gottesdienst zur Tafel kam, wurde ihm gemeldet, dass sein Gefolge, besonders jene, die zuvor gegessen hatten, plötzlich ein Unwohlsein befallen habe. Karl blickte umher und ihm fiel ein unbekannter Mann auf, der an der Tafel vorbeiging und der auf Ansprache vorgab, taub zu sein. Darüber fasste Karl Argwohn und ließ ihn festnehmen und foltern. Am dritten Tag gestand der Unbekannte unter der Folter, dass er in der Küche den Speisen Gift beigemischt hatte und nannte den Mailänder Azzo Visconti als seinen Auftraggeber. Was für ein Empfang - zumal wenn man bedenkt, dass Mailand zu dieser Zeit noch zu den italienischen Verbündeten der Luxemburger gehörte!
Aus den italienischen Ambitionen der Luxemburger wurde nichts, aber Karl nahm neben ersten politischen wie militärischen Erfahrungen ein weiteres prägendes Erlebnis aus dieser Zeit mit. In der Nacht zum 16. August 1333 hatte er einen merkwürdigen Traum. Ein Engel entführte ihn darin und schleppte ihn an den Haaren in der Luft über eine Schlachtenszene. So musste er mit ansehen, wie ein zweiter Engel mit einem Flammenschwert niederfuhr und einen der Gepanzerten aus der ersten Reihe in der Mitte verstümmelte. Der Engel erklärte, das sei der Graf von Vienne, der solchermaßen für seine Ausschweifungen bestraft würde, und auch Karl möge sich hüten. Auch seinem Vater möge er sagen, sich zu hüten vor ähnlichen Sünden, weil ihnen dann noch Schlimmeres bevorstünde. Es war bezeichnend für das Unterlegenheitsgefühl des jungen Karl, dass er am nächsten Morgen dem Kammerherrn seines Vaters und damit auch diesem selbst von der Vision des sterbenden Grafen von Vienne berichtete, aber die Warnung vor den Ausschweifungen unterließ. Seine eigene Lebensführung aber beeinflusste der Traum sehr wohl, Karl wurde sehr fromm und lebte keusch- - ganz im Gegensatz zu seinem Vater, der wohl ein Lüstling war. Die Bestätigung für den Traum war bald die Nachricht vom Tode des Grafen von Vienne.
Karl IV. war zweifellos abergläubisch, wie wohl fast alle in seiner Zeit. Unkritisch war er aber nicht, wie ein weiteres Ereignis aus dem Jahr 1335 belegt. In Prag wohnte er da noch im Burggrafenhaus, weil der Palastbau noch nicht fertig war. Als er dort mit seinem Kammerherrn gemeinsam in einem Zimmer nächtigte, hörten die beiden zugleich Schritte, ohne jemanden sehen oder aufspüren zu können. Und das trotz eines großen Feuers im Kamin und vieler Kerzen im Raum. Schließlich sei einer der bereitgestellten Weinkrüge auf unerklärliche Weise durch das Zimmer geflogen, gegen eine Wand geprallt und dann mitten im Raum liegengeblieben. Karl IV. berichtete selbst, er habe sich nach längerer Erwartung weiterer Ereignisse schlicht mit dem Kreuzzeichen und dem Vertrauen auf Gott wieder zur Ruhe gelegt. Mutmaßungen über Teufel oder Trolle stellte Karl nicht an.
Noch deutlicher wurde sein nüchterner Sinn an seinem Bericht von einem Heuschreckenschwarm. Auch darin distanzierte sich Karl von der Furcht seiner Zeit vor dem Geheimnisvollen. Eines Morgens nämlich weckte ihn ein Ritter aus dem Schlaf mit den Worten: „Herr, steht auf, der Jüngste Tag ist angebrochen, weil die ganze Welt voller Heuschrecken ist.“ Das Naturereignis galt als Zeichen der biblischen Apokalypse. Karl selber war augenscheinlich frei von Angst, sofort bestieg er sein Pferd und ritt los, um die Größe des Schwarms abzuschätzen. Er kam auf sieben Meilen Länge und vermochte die Breite des Heuschreckenschwarms gar nicht zu überblicken. Detailliert hielt Karl die Beschreibung fest, wie den Lärm, den die Tiere verursachten, die Farbe und Dichte des Schwarms, der die Sonne verdunkelte, und vergaß nicht, den üblen Geruch zu erwähnen. Auch die Teilung des Schwarms hielt Karl schriftlich fest und machte sich Gedanken über die Vermehrungsfähigkeit der Heuschrecken. Das war eine exakte Naturbeobachtung anstelle von Aberglauben.