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Thema: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

  1. #286
    Registrierter Benutzer Avatar von Mark
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    Drei Familien: Habsburg

    Die kommt jetzt -

    Der Zweikampf

    Der brüchige Frieden hatte ungefähr ein Jahr lang Bestand. In dieser Zeit war Rudolf damit beschäftigt, sein Österreich zu konsolidieren, 1277 tobte nach einer Missernte eine Hungersnot in dem Land, die anti-schwäbische Ressentiments entzündete. Okay, es waren nicht alleine Hunger, erhöhte Steuerlasten und allgemeiner Unmut über die Fremdherrschaft, die die Wiener erzürnten. Der fromme Rudolf hatte auch noch angeordnet, die Hübschlerinnen (Prostituierte) als Verfemte einzustufen. Die Damen mussten fortan nicht nur eine Steuer bezahlen, sie mussten sich Sonntags und während der gesamten 40tägigen Fastenzeit vor Ostern aus der Stadt entfernen. Da ging so manchen lebenslustigen Wiener Handwerksburschen die Galle über!

    Und Ottokar führte in Böhmen Krieg gegen Zawisch und sein Haus der Witigonen, um die volle Kontrolle über sein Königreich zurückzuerlangen. Konkreten Ärger zwischen den beiden Königen gab es wegen dieser Familie ab Herbst 1277, weil Ottokar dem Habsburger vorwarf, diesen innenpolitischen Gegner zu unterstützen. Darauf hatte Rudolf geantwortet, dass es gemäß des Waffenstillstands sein Recht sei, „seine Diener“ zu unterstützen: Die Witigonen unter Zawisch seien in dem Wiener Frieden nicht eingeschlossen gewesen, denn sie seien Landangehörige und ihm durch den Lehnseid verpflichtet. Damit revanchierte Rudolf sich offenbar für die Interventionen Ottokars zugunsten einiger österreichischer Adeliger, die dem Habsburger nicht folgsam genug entgegentraten. Das war aber etwas anderes als die Gewalt, die die Witigonen in Böhmen gegen Ottokars Besitz an den Tag legten. Über diese Feinheit des Waffenstillstands, wer denn nun mehr wessen Gefolgsmann sei - ließ sich vortrefflich streiten. Formal war Rudolf wohl im Recht, doch er überspannte den Bogen: Ottokar brach nach dieser Antwort nämlich die Verhandlungen mit dem König ab.

    Im November 1277 verhandelte der Habsburger mit dem ungarischen König Ladislaus über ein neues Bündnis, er brauchte wieder eine Koalition gegen den Böhmen. Damit kam er Ottokar zuvor, der seinerseits diplomatische Fühler zu dem Kumanen ausgestreckt hatte. Der Böhme musste sich andere Freunde suchen. Zum einen spielte er bei den slawischen Nachbarn die antideutsche Karte aus und appellierte an ihre Solidarität. Zum anderen schmierte er den niederbairischen Herzog Heinrich von Wittelsbach, der ja schon 1276 in seiner Parteinahme schwankend gewesen war. Heinrichs Haltung zeigte sich, als er den aus Österreich geflohenen Ritter und Handelsherr Paltram bei sich Schutz gewährte, nachdem er wegen eines aufgeflogenen Umsturzplanes vor Rudolfs Häschern hatte fliehen müssen (Rudolf rächte sich an Herzog Heinrich, indem er sich 1279 das 1276 an Heinrich verpfändete Oberösterreich unter Androhung von Waffengewalt zurückholte). Nicht alleine Heinrich, auch andere deutsche Fürsten hatten kein Interesse an einer neuerlichen Niederlage Ottokars und ein Ausgreifen der Habsburger Macht bis nach Prag. Durch den Frieden von 1276 war ein Machtgleichgewicht entstanden, das die Fürsten so beibehalten wollten. Finanzielle Unterstützung durfte Rudolf aus dem Reich nicht erwarten: „Sie scheuen eine Obermacht und wollen nichts wissen von einem machtvollen Kaiser.“ Diese Wahrheit, die einst Ottokar die deutsche Königskrone gekostet hatte, begann sich jetzt gegen Rudolf zu kehren.

    Ottokar war 1278 entschlossen, die Schlappe von 1276 auszuwetzen. Ist ja kein Wunder, bei dem Meinungsmalus, den der Entzug der Titel mit sich führte. Die Umstände waren nicht schlecht für ihn: Der römische König war erst dabei, in Österreich Fuß zu fassen und erfreute sich wegen hoher Steuern wenig Beliebtheit bei seinen neuen Untertanen. Die Verschwörung des Paltram hatte Ottokar gezeigt, dass Rudolf in Österreich Feinde hatte. Überdies verfügte der Habsburger über keine nennenswerte militärische Macht. Das Reichsheer, mit dem er 1276 den Böhmen meisterhaft und beinahe ohne Schwertstreich ausmanövriert hatte, war längst aufgelöst. Mit den eigenen Rittern konnte Rudolf gerade einmal die österreichischen Bürger in Schach halten. Den Kurfürsten, die ein neues Reichsheer aufstellen könnten, war Rudolf inzwischen zu mächtig geworden. Da halfen auch die Heiratsverbindungen, die er zu den Fürsten hergestellt hatte, wenig. Er war nicht mehr die gekrönte Marionette, die sich die Großen wünschten. Die deutschen Fürsten hielten sich bei dem anstehenden Konflikt abseits, und jene, die auf der Seite des Habsburgers einzugreifen bereit gewesen wären, wurden durch Herzog Heinrich Blockade in Niederbaiern am Durchzug gehindert. Selbst Rudolfs eigener Sohn Albrecht ließ sich für sein Fernbleiben entschuldigen. Nur die Ungarn und Teile des österreichische Adels würden tatsächlich in Rudolfs klar unterlegenem Lager stehen, wenn es zur Schlacht kommt.

    Ende Juni 1278 verließ Ottokar seine Hauptstadt Prag, Klerus und Volk geleiteten ihn unter lautem Wehklagen, so, als ahnten sie, dass er nie mehr wiederkehren würde. Er selbst strotzte aber vor Zuversicht. In Brünn hatte Ottokar sein Heer sammeln lassen, es kamen Truppen aus Böhmen und Mähren, aus Meißen und Thüringen, Brandenburg und Baiern, aus Polen und Schlesien. Die meisten wollten nicht aus Idealismus oder purer Begeisterung für die Sache Ottokars ihr Leben wagen, sie waren Söldner, vom Böhmenkönig gekauft für die Dauer der Heerfahrt. Oberflächlich war seine Zuversicht berechtigt, doch Rudolf war ein von 40jährigem Kriegerdasein gestählter Mann von Format. Es gelingt ihm immerhin, unter anderem bei dem Nürnberger Hohenzollern Friedrich, dem neuen Basler Bischof Heinrich von Isny (ein loyaler Mann einfacher Herkunft, den Rudolf auf diesem Posten installiert hat), auch aus dem Elsass kommen Truppen. Sie alle nehmen teils abenteuerliche Umwege über Tirol, um an Niederbaiern vorbei nach Österreich zu gelangen. Am 6. August lagern auch die ungarischen Truppen des Ladislaus bei Pressburg, er ist gekommen. Rudolf hat zumindest die akute Krise überstanden, denn mit den paar Soldaten, die ihm noch im Juni lediglich zur Verfügung gestanden hatten, wäre er in Wien einfach vom böhmischen Heer überrannt und gefangen genommen worden. Auch im August 1278 war der Habsburger noch deutlich unterlegen, aber er hatte jetzt immerhin eine Streitmacht bei sich. Wo war Ottokar in diesen entscheidenden Wochen geblieben?

    Der Böhme war am 15. Juli von Brünn aufgebrochen. Doch nicht südwärts wandte er sich, zum Handstreich gegen das nur schwach verteidigte Wien, sondern nach Südwesten, und belagerte die kleine Stadt Drosendorf drei Wochen lang, so als wäre diese unbedeutende Festung der Nabel der Welt. Für spätere Militärhistoriker blieb Ottokars Vorgehen ein Rätsel. Er verplemperte wertvolle Zeit und gestattete seinem Gegner, sich zu wappnen. Vielleicht wollte der Böhme ganz sicher gehen und wartete während der Belagerung weitere Verstärkungen ab. Möglicherweise hielt ihn auch ein ungünstiges Horoskop von einem schnellen Einmarsch nach Österreich ab. Den abergläubischen Faktor darf man nicht unterschätzen, auch Rudolf kämpfte aus diesem Grund mit Vorliebe an Freitagen. Der römische König saß nicht mehr lange in Wien, er zog Mitte August dem ungarischen Heer entgegen und vereinigte seine Truppen mit den magyarischen. Von Pressburg zog Rudolf dann zur strategisch günstigen Festung Marchegg, um den Feind zu erwarten. Ironischerweise hatte Ottokar diese Burg errichten lassen, jetzt diente sie seinem Widersacher als Stützpunkt.



    Man müsste meinen, dass Ottokar nach der Eroberung von Drosendorf (4. August 1276) rasch zur Entscheidungsschlacht eilen würde, bevor Rudolf sich in eine taktisch gute Lage aufstellen würde. Doch der Böhme zauderte weiterhin, er verschwendete noch mehr Zeit, dieses Mal mit der Belagerung der kleinen Festung Laa. Vielleicht wollte Ottokar seinen erfolgreichen Feldzug von 1260 kopieren, bei dem er ebenfalls nach der Einnahme von Drosendorf und Laa ins Marchfeld gezogen war und dort den ungarischen Heerbann König Belas vernichtend geschlagen hatte. Dank Ottokars Zögern konnte der neuerliche Aufmarsch der ungarischen Armee bei Marchegg ungestört vonstatten gehen. Die Ungarn stellten im Heer hauptsächlich leichte Reiterei, für das eigentliche Schlachtgetümmel nicht zu gebrauchen, aber mit dem weitreichenden Reflexbogen bewaffnet und auf flinken Pferden unterwegs, wertvoll als Aufklärer und Plänkler. Nur die hohen Adeligen waren besser ausgerüstet, doch hatten auch sie keine „verdeckten Rosse“, die einem Zusammenprall in Kampf wohl standhalten konnten. Die schwere Reiterei wurde von den deutschen und österreichischen Rittern gestellt. Alleine der Erzbischof von Salzburg schickte ein Kontingent von angeblich 300 Berittenen, eine respektable Streitmacht. Trotzdem war Rudolfs Heer in der Unterzahl, die Moral wurde oben gehalten durch die Lüge, des Königs Sohn Albrecht sei bereits mit 500 Rittern Verstärkung im Anmarsch (was nicht stimmte).

    Wie stark Ottokars Heer war und was es tat, wusste der Habsburger dank der ungarischen Aufklärer recht gut. Diese leichten Reiter verzichteten entgegen ihrer Gewohnheit auf das Beutemachen und begnügten sich damit, einige böhmische Soldaten zu töten und ihnen in aller Eile die Hälse durchzuschneiden, bevor sie sich zurückzogen. Die Köpfe der Getöteten nahmen sie mit in ihr Lager und legten die Trophäen dem römischen König zu Füßen. Wie Rudolf von Habsburg diese grausigen Geschenke aufnahm, ist nicht überliefert. Dank der Aufklärung der Kumanen und der Passivität des Gegners konnte Rudolf mit seinem Heer am Abend des 23. August 1278 ungestört den beherrschenden Höhenrücken bei Dürnkrut in Besitz nehmen, eine taktisch gute Position. Von dieser Anhöhe aus konnte der Habsburger, wenn er hinab nach Norden blickte, in der Ebene die Wachtfeuer des böhmischen Lagers erblicken. Berücksichtigte man sowohl die militärischen Kräfte und die Geländevorteile, waren beide Seiten nunmehr wohl gleichstark.

    In der Ebene erstreckte sich das fruchtbare Kruterfeld, es glich in seiner Topographie einem Turnierplatz oder einer Arena, ideal für eine Schlacht. Hier sollten die beiden Könige ihre Kräfte messen, hier sollte die Entscheidung fallen. Endlich würden die Waffen entscheiden über diesen jahrelangen Zwist, dem Kampf kann jetzt keiner mehr ausweichen. Zwei volle Tage, Mittwoch, den 24., und Donnerstag, den 25. August, standen die Heere einander in Sichtweite gegenüber, ohne dass es zum Waffengang kam. Wie gesagt, der Habsburger bevorzugte das Kämpfen an Freitagen und ließ seinem Kontrahenten den 26. August als Termin für die Schlacht vorschlagen. Ottokar, ganz Ritter, akzeptierte dies offenbar. Die Zeit nutzte der erfahrene Feldherr Rudolf, um seine Leute noch ein wenig vorrücken zu lassen, und zwar über den sumpfigen Weidenbach. Den hatte er nun im Rücken und nicht mehr vor sich, der tiefe Boden wäre sonst ein ernstes Hindernis für die schwere Reiterei geworden. Rudolf hätte sich auch in der Defensive halten können, hinter dem Weidenbach bleiben und abwarten, bis der Feind angreift. Doch Defensive war seine Sache nicht, zielstrebig wollte Rudolf die Entscheidung.



    Den Schlachtplan hatte sich der Habsburger schon zurecht gelegt. Er wollte seine Streitmacht in drei Treffen teilen, die nacheinander in den Kampf geworfen werden. Die Ehre des Vorstreites überließ er den Ungarn im ersten Treffen. Die flinken Kumanen sollten Ottokars Schlachtordnung mit einem Hagel von Pfeilen überschütten und Verwirrung stiften. Ins zweite Treffen stellte er die Österreicher, das dritte führte Rudolf selber an, um sich herum die verlässlichsten Gefolgsleute aus der Steiermark, aus Schwaben und dem Elsass, auch die Kärntner und Krainer sollten in diesem dritten Treffen kämpfen. Ähnliche Dispositionen waren üblich in dieser Zeit, auch Ottokar teilte sein Heer in drei Treffen ein. Die Schlacht sollte ja gewöhnlich nicht der physischen Vernichtung des Gegners dienen, sondern eine Art letztes Beweismittel sein, wer von den Kontrahenten denn wirklich im Recht war. Ein festes Ritual hatte sich da eingebürgert, das im allgemeinen von beiden Parteien beachtet wurde. Wie beim Turnier ritten die Ritter auf ihren verdeckten Rossen in langer Reihe gegeneinander und versuchten, mit der Lanze ihren Gegner aus dem Sattel zu stechen. Wer herunterfiel, wurde zertrampelt oder erschlagen, sofern er Pech hatte. Hatte er aber Glück und bat den Sieger um Gnade, erhielt diese im allgemeinen gewährt. Der Besiegte musste sich verpflichten, nicht mehr ins Kampfgeschehen einzugreifen, er galt als Gefangener. Von ferne schaute er dann dem Hauen und Stechen zu und wartete ab, wie die Dinge sich entwickelten. Der ritterliche Ehrenkodex verbot ihm, etwa zu flüchten oder gar sich neuerlich ins Schlachtgetümmel zu stürzen. Nach einem Kampf, der selten länger als ein paar Stunden währte, war jene Partei Sieger, die das Schlachtfeld behauptete.

    Ottokar ging zuversichtlich in die Schlacht, seine Überlegenheit an schwerer Reiterei war sein Trumpf, denn sie war der entscheidende Truppenteil. Rudolf freilich konnte sich nicht an starre Regeln halten, wenn er seine Siegchancen wahren wollte: Er war bereit, sich über ritterliche Regeln hinwegzusetzen. Dass dabei die Gesetze der Fairness auf der Strecke bleiben würden, nahm er in Kauf. Ein Kontingent von 60 Rittern sollte nicht in der Schlachtreihe fechten, sondern heimlich in die Hügel des Hochfeldes reiten, wo es den feindlichen Blicken entzogen war, und dort als Reserve abwarten, bis sie Befehl zum Angriff in die feindliche Flanke erhielten. Den Grafen Heinrich von Pfannberg wählte Rudolf am Vorabend der Schlacht als Führer dieser Gruppe aus, doch der sonst treue Diener weigerte sich, solch einen feigen und unritterlichen Auftrag zu übernehmen. Der Habsburger war klug genug, den Ehrbegriff des steirischen Grafen zu respektieren und wählte schließlich den Österreicher Konrad von Summerau sowie den Steirer Ulrich von Kapellen aus - wobei die beiden über die zweifelhafte Ehre auch nicht glücklich waren. Verdrossen zogen sie im Lager umher und entschuldigten sich bei ihren Standesgenossen wegen dieser Verletzung des ritterlichen Ethos.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  2. #287
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    Verdrossen zogen sie im Lager umher und entschuldigten sich bei ihren Standesgenossen wegen dieser Verletzung des ritterlichen Ethos.
    Der erste Fall von guter, österreichischer "Wir haben nur unsere Befehle befolgt" Einstellung
    Das ist alles, was wir tun können: immer wieder von neuem anfangen, immer und immer wieder. (Thornton Wilder)

  3. #288
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    Drei Familien: Habsburg

    Der Sonnenaufgang des 26. August 1278. Gottesdienste wurden gehalten, Beichten abgenommen. Der König verlieh einigen Recken den Ritterstand, damit sie im Falle einer Gefangennahme eine Chance auf bevorzugte Behandlung hatten. Dann war es Zeit für die Schlachtordnung, die drei Treffen gingen in Position. Um neun Uhr eröffneten die ungarischen Reiter den Kampf. Deren junger König Ladislaus hielt sich im Hintergrund, bei der Geistlichkeit. Nur Bischof Heinrich von Basel ritt mit in das Getümmel, um die Streiter anzuspornen. Selber zum Schwert zu greifen verbot ihm die geistliche Würde. Ottokar schickte mit dem ersten Treffen seine böhmischen und mährischen Ritter, die deutschen Truppen bildeten sein zweites Treffen, zuletzt sollten die schwächeren polnischen und schlesischen Kontingente in den Kampf eingreifen. Ottokar setzte also auf eine frühe Entscheidung. Aber die misslang: Die Ungarn schlugen sich wacker gegen die überlegenen Böhmen und zwangen sie mit ihrem Beschuss zum Zurückweichen Richtung Nordwesten. Die Kumanen, im Rausch ihres Sieges, setzten ihnen nach und dachten nur noch ans Beutemachen – sie schieden damit ebenfalls auf dem Schlachtfeld aus, zumindest vorläufig.

    Ottokar warf nun sein zweites Treffen hinein, die deutsche Elite. Auf ihren schweren Pferden stürmten sie den Österreichern entgegen, es begann die eigentliche Schlacht mit dem Kampf Mann gegen Mann. Hier erwiesen sich Rudolfs Truppen als unterlegen. Sie flohen zwar nicht vom Feld, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgedrängt bis zu den Truppen des dritten Treffens, das daher zu früh in den Kampf eingreifen musste. Die Entscheidung nahte. Wankte auch Rudolfs drittes Treffen (es waren wohl nur 300 Mann) unter dem doppelt überlegenen Ansturm der Feinde, wäre die Schlacht für Rudolf verloren. Erbittert war dieses Ringen nun: Deutsche schlugen auf Deutsche, Schwaben auf Baiern, Baiern auf Elsässer, Elsässer auf Thüringer. Und auch Rudolfs drittes Treffen musste langsam zurückweichen, bis hin zum Weidenbach, dort entfesselte sich ein blutiges Handgemenge, in dem auf Ritterlichkeit und Gefangene nicht mehr geachtet wurde. Auf des Messers Schneide stand nun dieses Ringen. Die einen, den Sieg knapp vor Augen, hauten und stachen mit furchtbarer Wut, die anderen, wissend, dass alles verloren sein würde, wenn sie nun nicht standhielten, wehrten sich verbissen und mit dem Mut der Verzweiflung.

    König Rudolf war mitten unter den seinen, trotz seiner 60 Jahre. Mitten im Kampfgetümmel erkannte ihn einer von seinen Gegnern. Es heißt, Ottokar habe einen Mann gedungen, den Habsburger zu töten. Der Unbekannte drängte sich durch das Gewühl und begann auf ihn einzuschlagen. Der König, ein erfahrener Kämpfer, wehrte sich erfolgreich, sein Pferd wurde jedoch durch einen Lanzenstich getötet. Kopfüber fiel Rudolf aus dem Sattel hinein in den Weidenbach, niedergedrückt und hilflos wegen seiner schweren Rüstung. Mit dem Schild deckte sich der Verunglückte, so gut er eben vermochte, gegen die Hiebe des Angreifers und die Hufe der Schlachtrosse, die über ihn hinweg galoppierten. Verzweifelter hätte seine Lage nicht sein können: Sein Heer in höchster Bedrängnis, er selber in akuter Gefahr, entweder erschlagen oder zu Tode getrampelt zu werden. Sein Glück war, dass Walther von Ramswag, ein Ritter aus dem Thurgau, den König wehrlos im Bach liegen sah. Er kämpfte sich zu ihm durch und es gelang ihm, ihn aus der Gefahrenzone herauszuzerren und ihn auf ein frisches, ausgeruhtes Pferd zu setzen. Rudolf konnte wieder zurück in den Kampf und dem Ramswager vergaß er diese Heldentat nie.



    Die Schlacht jedoch war durch dieses Heldenstück längst nicht gewonnen. Immer noch fochten die ermattenden Soldaten Rudolfs gegen Ottokars Männer an, und wenn der Böhme die Lage rasch erfasst hätte und sein ausgeruhtes drittes Treffen nun in die Schlacht geworfen hätte, dann wäre es um den Habsburger geschehen gewesen. Doch wieder zögerte Ottokar. Die Polen und Schlesier kamen den deutschen Rittern, die nach Stunden nun selber ermüdeten, nicht zu Hilfe. Das war der Augenblick für Rudolfs Reserve, die 60 versteckten Ritter sowie der wohl vierfachen Zahl an Leichtbewaffneten. Eine verhältnismäßig kleine Schar nur, aber frisch und ausgeruht. Wie es Rudolf ihnen befohlen hatte, stellten sie sich nicht frontal zum Kampf, sondern fielen Ottokars Rittern in die rechte Flanke und stifteten große Verwirrung unter ihnen. Die Angegriffenen waren es gewohnt, mit dem Gegner Auge in Auge zu kämpfen, nicht hinterrücks überfallen zu werden. Durch die schmalen Sehschlitze ihrer unförmigen Topfhelme hatten sie nur ein sehr eingeschränktes Sichtfeld nach vorne und konnten nicht erkennen, wie schwach diese letzten Reserven Rudolfs waren. Wie ein Tuch mit einer Schere spalteten sie mit lautem Geschrei Ottokars Reihen, die alsbald in Panik gerieten ob des unvermuteten Gegners von der Seite. Sie konnten sich nicht einfach umdrehen, da sie ja nach vorn im Nahkampf mit Rudolfs drittem Treffen standen. Inmitten des Tumultes erklang – vielleicht eine List – der Ruf: „Sie fliehen, sie fliehen!“ Und tatsächlich, die Verunsicherung unter Ottokars Rittern wuchs sich jetzt zur allgemeinen Flucht aus. Jeder glaubte sich von seinen Mitstreitern verraten, viel zu erkennen war in dem aufgewirbelten Staub schließlich nicht. Aus der Kriegslist wurde blutige Realität, Ottokars Reihen lösten sich auf, in Flucht Richtung Norden begriffen.

    Und von dort näherten sich die leichten Reiter der Ungarn, die auf das Schlachtfeld zurückkehrten. Jetzt machte sich blanke Panik in Ottokars Truppen breit, Pferde warfen ihre Reiter ab, Männer in Rüstungen ertranken im flachen Wasser. Die Ungarn sahen, dass sie leichtes Spiel haben würden und machten sich über die Flüchtenden her. Einige machten Gefangene und misshandelten sie, andere hatten Ottokars Lager, wo weitere Beute lockte, im Blick. Ottokar fanden sie dort nicht, der König persönlich widerstand der Auflösung seines Heeres und kämpfte mit einigen Getreuen weiter. Das mutige Fechten machte keinen Sinn mehr, die Schlacht war für ihn verloren. Warum brachte er sich nicht in Sicherheit? Bedachte er nicht, dass er unter Rudolfs Anhängern Feinde hatte, die ihm nach dem Leben trachteten und vor einem Königsmord nicht zurückschreckten? Hatte er in seiner Verzweiflung über die unvermutete Niederlage den Freitod gesucht? Es war jedenfalls zu spät, als Ottokar sich doch noch zum Rückzug entschloss: Er kam nicht weit und wurde von steirischen Rittern eingeholt.



    Man erzählte, er habe sich bereits in Sicherheit gewähnt, bei einer Quelle habe er Rast gemacht und den Helm abgesetzt, um sich mit Wasser zu kühlen. So war er leicht zu erkennen, zudem trug Ottokar eine prächtige, auffällige Rüstung mit dem Wappen Böhmens. Die Steirer stellten ihn und warfen ihn in den Staub, wehrlos ihrer Rache preisgegeben. Ob er verzweifelt um sein Leben bat oder trotzig den Todesstreich erwartete, oder gar sich wehrte bis zum letzten Atemzug, ist nicht bekannt. Auch wer genau dem König den Todesstoß verpasste, weiß man nicht: Einer stach dem Böhmenkönig die Lanze durch den Hals, die anderen hieben mit Schwertern auf ihn ein, bis nur noch ein blutiger Klumpen Fleisch übrig war. So ließen sie ihn liegen. Ottokar, König von Böhmen, Markgraf von Mähren und lange Zeit auch Herzog von Österreich und Steiermark, Herzog von Kärnten und Herr von Krain, war tot. Umherstreifende Trossbuben plünderten den geschundenen Leichnam, zogen ihn aus bis auf das letzte Hemd. Nackt und enstellt lag der Tote auf der bloßen Erde, umringt von gaffenden Schaulustigen, verspottet und verhöhnt von denen, die einst auf Knien vor ihm gekrochen waren.

    Die Schlacht war geschlagen. Was noch kam, war nur noch ein Schlachten, Plündern, Morden und Niederhauen. Allein das böhmische Heer soll 12.000 Tote und Gefangene gezählt haben, die Verwundeten und Verstümmelten nicht mitgezählt. Der Sieger blieb nicht, wie es Brauch war, auf dem Kampfplatz stehen, es war noch zu früh am Tag, um auf die Verfolgung der versprengten Reste des böhmischen Heeres zu verzichten. Dreißig Kilometer weit bis zum mährischen Feldsberg (heute Valtice) währte die blutige Hatz bis zum Sonnenuntergang.



    Dass Rudolf dem gefallenen König noch auf dem Schlachtfeld die letzte Ehre erwiesen hat oder ihn sogar beweinte, ist freilich eine Legende des 19. Jahrhunderts. Die wahren Vorgänge waren profaner: In der Morgenfrühe des nächsten Tages führte man Ottokars geschändeten Leichnam zu den Minoriten, wo er ohne Glockengeläut und geistliche Gesänge – Ottokar war ein Gebannter gewesen – im Kreuzgang öffentlich zur Schau gestellt wurde. Niemand sollte je behaupten können, er sei gar nicht tot und werde später einmal wiederkehren, so wie es das Volk von Kaiser Friedrich II. glaubte, dem Staufer, der 1250 im fernen Apulien gestorben war und dessen Wiederkunft viele sehnsüchtig erhofften. Ottokar wurde ein Begräbnis in geweihter Erde verweigert. Seinem Leichnam entnahm man die Eingeweide und füllte die Bauchöhle mit Asche, balsamierte den Körper mit Spezereien ein und ließ den Toten dann 30 Wochen lang liegen, ein unerhörter Vorgang in jener abergläubischen Zeit, der Entsetzen hervorrief. Pietät und Mitleid zeigte nur die Königin Anna, die den toten König in Leinwand und eine purpurne Decke hüllen ließ, damit er nicht länger den respektlosen Blicken neugieriger Gaffer ausgesetzt war. Nach den 30 Wochen durften die Böhmen endlich ihren gefallenen Herrscher heimholen, und weil ihm die Geistlichen auch dort ein anständiges Begräbnis verweigerten, deponierte man die Leiche jahrelang unbestattet in einem Kloster, wo Ottokar vor sich hin faulte und verweste. Erst 18 Jahre später fand er seine würdige Ruhe im Hradschin. Sic transit gloria mundi.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  4. #289
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    Drei Familien: Habsburg

    6. Hausmacht

    In Deutschland wurde Rudolfs Sieg zwar gewürdigt, aber nicht gefeiert. Niemand außer dem Habsburger selbst hatte durch Ottokars Tod gewonnen. In Österreich konnte der König nun nach eigenem Gutdünken schalten und walten, von dem faulen Kompromissfrieden des Jahres 1276 war er befreit. Die Voraussetzung war geschaffen, dass Österreich zum Sitz der Habsburger und nicht zu einem Nebenland des böhmischen Reiches wurde. Mehr noch: Der Sieger machte sich daran, vom Nachlass des Besiegten Besitz zu ergreifen.

    Vier Tage Rast gönnte Rudolf von Habsburg sich und seinen erschöpften Mannen, dann drang er in Mähren vor mit Richtung auf Böhmen und die Hauptstadt Prag. Seinen Adoptivsohn und Verbündeten Ladislaus und seine wilden Ungarn wollte er bei diesem Feldzug nicht mehr dabei haben. Die unbändigen Kumanen hatten sich nämlich nicht nur im Lager der Besiegten nach Beute umgesehen, sondern auch im Lager der Sieger. Nur mit Mühe konnten die deutschen Ritter davon abgehalten werden, mit Waffen auf die Puszta-Bewohner loszugehen. Besser also, sie gingen jetzt heim, für den Marsch auf Prag fühlte sich Rudolf alleine stark genug. Zahlreiche Gefangene würden dank des zu erwartenden Lösegelds schon für die nötigen Mittel sorgen. Der Weg nach Prag verlief problemlos, nach dem entscheidenden Sieg über Ottokar arrangierten sich die Städte und Fürsten, die auf dem Weg von Rudolfs Heer lagen, mit dem Sieger. Der einstige Gegner Bischof Bruno von Olmütz wurde zum Statthalter des nördlichen Mähren bestellt, ein tüchtiger Mann. Auch der umtriebige Basler Bischof Heinrich (in jeder Hinsicht umtriebig, er zeugte 50 oder 60 Kinder, wie ich irgendwo mal gelesen hatte) wurde zum Statthalter ernannt, nämlich vom südlichen Mähren. Auch in Böhmen schlug Rudolf kaum Widerstand entgegen. Wie auch, nach Ottokars Tod folgte gemäß dem Erbrecht dessen Sohn Wenzel II. auf den Thron – und der Junge war gerade einmal sieben Jahre alt. Wehe dem Land, dessen König ein Knabe ist! In Böhmen herrschte seit einigen Wochen Anarchie, Söldner und Räuberbanden marodierten im Land. Konnte Rudolf nur recht sein, er würde es sein, der den Böhmen den Frieden zurückbringen würde.



    Das Schicksal der Przemysliden ruhte nun auf den Schultern von Ottokars Witwe, Kunigunde von Machov. Vormals war sie eine energische Frau gewesen, die ihren Ottokar in seinen Schritten angetrieben hatte, doch sein Tod hatte ihren Stolz gebrochen. Zwar hatte sie sich hilfesuchend an ihren Schwager gewandt, den Brandenburger Markgrafen Otto, doch dessen Unterstützung ließ auf sich warten. Um das Erbe ihres kleinen Sohnes zu retten, entschloss sich Kundigunde, ihrem Feind Rudolf entgegen zu reisen. Die Bedingungen des Habsburger waren klar und blieben unwidersprochen: Der minderjährige Wenzel II. durfte formell König von Böhmen bleiben, aber Rudolf beanspruchte Regentschaft und Regierung des Landes für sich.

    Das brachte den böhmischen Adel auf die Barrikaden. Ottokar hatten sie zuvor bei der Wiedergewinnung von Österreich nur mäßig unterstützt, doch jetzt ging es um die Zerschlagung von Böhmen. Warum die Herrschaft der Przemysliden gegen die der Habsburger eintauschen? Und in diesem Fall war es Rudolf, der zu zögerlich agierte, nicht weiter nach Prag marschierte und es dem Brandenburger Otto ermöglichte, sich mit 400 Rittern dort einzufinden. Der günstige Augenblick war verpasst. Nachvollziehbar war Rudolfs Handeln trotzdem, er wollte nicht alles auf eine Karte setzen und womöglich alles wieder verlieren. Böhmen zu kontrollieren war ein anderes Kaliber als Österreich. Klar war, dass der Habsburger aus dem Reich keine Unterstützung zu erwarten hatte, wenn er nach Wien auch Prag einkassieren wollte. Ein Aufstand in Böhmen konnte dann leicht auch zum Untergang der Habsburger in Österreich führen, dort war Rudolf ja nun mal auch nicht allseits beliebt. Der König begnügte sich mit dem Machbaren: Mähren durfte er fünf Jahre als Pfand für die entstandenen Kriegskosten behalten, in Böhmen blieb es bei Wenzel II. auf dem Thron. Abgesichert wurde das Ganze mal wieder mit einer gegenseitigen Verheiratung. Der jüngste Sohn des Habsburgers, der achtjährige Rudolf, wurde eilig aus Wien herbeigeschafft und mit Agnes von Böhmen verheiratet. Wenzel II. musste Guda heiraten.



    Seine Kinder, also auch Guda, nahm Rudolf I. aber wieder mit sich, zu unsicher erschien ihm ihr Verbleib in Prag an Wenzels Seite. Im Dezember 1278 zog der König in Wien ein und ließ eine feierliche Messe im St. Stephan zelebrieren, anlässlich seines Triumphs über Ottokar, dessen Leiche im Kreuzgang immer noch unbestattet verrottete. Der Wiener Klerus arrangierte sich nun auch mit dem Sieger und schmeichelte dem Habsburger. Rudolf I. war zu einem Machtfaktor im Reich aufgestiegen und schmiedete große Pläne, um seiner Dynastie auch über seinen Tod hinaus die Macht zu sichern. Schließlich war er schon 60 Jahre alt und musste an die Sicherheit seiner Nachkommen denken.

    Der Plan war so verwegen, dass er nicht realisierbar war: Rudolf I. verhandelte mit dem Papst und dem französischen König. Vom Papst begehrte er die Kaiserkrone, um seinem Lieblingssohn frühzeitig die Nachfolge auf dem deutschen Thron zu sichern. Einem Kaiser stand es nämlich zu, zu Lebzeiten die deutschen Fürsten zur Wahl eines designierten Nachfolgers aufzufordern. So weit, so normal. Rudolf bot Papst Nikolaus III. darüber hinaus aber den Verzicht auf Reichsitalien an, also auf die Hoheit über die norditalienischen Städte, für die Rudolfs Vorgänger so vehement gestritten hatten. Der Habsburger hatte de facto sowieso keine Kontrolle mehr über Norditalien, das war bei nüchterner Betrachtung seiner Möglichkeiten auch nicht in Aussicht. Im Gegenzug sollte der Papst dem Habsburger die Einführung der Erbmonarchie für die deutsche Krone zugestehen, natürlich zugunsten des Habsburger Geschlechts.



    Dem französischen König bot Rudolf für sein Wohlwollen in dieser Angelegenheit die Abtretung des Königreichs Arelat an der Rhone an. Treten wir einen Schritt zurück und betrachten wir das Vorhaben: Die Krone war zum Handelsobjekt herabgesunken, ein Schatten einstiger Macht. Der italienische Dichter Dante tadelte Rudolf später dafür, er habe „des Reiches Garten“ Italien verwildern lassen. Doch was kümmerte ihn der Garten, wenn er alle Hände voll zu tun hatte, sein Haus, das Haus Habsburg, auf ein festes Fundament zu stellen.

    Bemerkenswert war, dass Rudolf nicht seinen ältesten Sohn Albrecht für seine Thronfolge aussuchte. Der Grund dafür war, dass Österreich dem König als Fundament eigener Hausmacht bedeutender erschien als die Krone des Reiches. Der energische Albrecht sollte Herzog von Österreich werden, und mit dieser persönlichen Hausmacht würden ihm die Kurfürsten kaum auch noch die deutsche Krone zugestehen. Sie wünschten keinen mächtigen Mann auf dem Thron. Dem jugendlichen Hartmann würden die misstrauischen Fürsten vielleicht eher ihre Zustimmung geben.

    In Deutschland warnten die Kleriker vor dem verwegenen Plan: Mögen die Päpste, mögen die Römer und die Deutschen samt ihren Kurfürsten wohl bedenken, welch unsägliches Unheil hereinbrechen würde, wenn es das Imperium nicht mehr gäbe. Dann nämlich, so lauteten alte Weissagungen, würde der Antichrist auf Erden erscheinen. An der alten, von Gott gesetzten Ordnung, durfte man demnach nicht rütteln. Das Papsttum war den Römern vorbehalten, das Studium und die Wissenschaft den Franzosen, das Imperium aber war Vorrecht der Deutschen seit den Tagen Karls des Großen, von dem die Satzung stammen würde, dass die römischen Kaiser und Könige von den Fürsten zu wählen seien. Kein erbliches Kaisertum also, wollte man schreckliches Unheil verhüten.

    Die Realität war freilich anders als die Wünsche der Geistlichen. Die Franzosen zeigten keine Lust, sich auf das Studium zu beschränken, das Papsttum war weit davon entfernt, von seiner Höhe zu stürzen, und um das Imperium zu altem Glanz zu verhelfen, fehlte es Rudolf an Macht und Mittel. Die alte, universale Kaiseridee schien nicht mehr zeitgemäß, und Rudolf erkannte das. Dass das Tauschgeschäft nicht zustande kam, war nicht Rudolfs Schuld. In Österreich erschien 1279 mit Bischof Paulus von Tripolis ein päpstlicher Legat von kühler Arroganz und unnachsichtiger Strenge. Das bewies er in Österreich schnell, als er den gesamten Klerus exkommunizierte, weil dieser ihm die Zahlung der Reisespesen verweigert hatte. Der Legat stellte Rudolf die Bedingung, dass er erst einmal Karl von Anjou als König von Sizilien anerkennen und sich mit ihm verbünden müsse. Der Anjou war DER Reichsfeind, der gut zwanzig Jahre zuvor das Ende der Staufer besiegelt hatte. Mit ihm machte Rudolf nun gemeinsame Sache. Hatte der Habsburger nicht kürzlich noch Krieg geführt, weil ihm einer die persönliche Huldigung verweigert und seine Pflichten als Reichsfürst vernachlässigt hatte? Karl von Anjou durfte in Sizilien ungestraft das tun, was Ottokar von Böhmen wegen Österreich mit dem Leben gebüßt hatte, und erhielt zur Belohnung noch ein Königreich bestätigt. Rudolfs Opportunismus fragte nicht nach Gerechtigkeit.

    Dann aber schlug das Schicksal zu und riss Rudolfs Verhandlungspartner, Papst Nikolaus III., plötzlich aus dem Leben. In der Nacht zum 22. August 1280 erlitt der Heilige Vater einen Schlaganfall und starb wenige Stunden darauf. Und das, obwohl ihm die Wahrsager ein langes Leben prophezeit hatten!



    Rudolf musste einsehen, dass mit einem neuen Papst alle Verhandlungen von Neuem würden beginnen müssen. Er widmete sich jetzt daher seinem anderen Ziel: Es galt, Österreich, das Erbe der Babenberger, das er Ottokar entrissen hatte, in habsburgischen Besitz zu bringen, in Besitz seiner Familie, nicht in die Botmäßigkeit des Reiches, als dessen Repräsentant Rudolf das Land zur Zeit (noch) verwaltete. Das Herzogtum Österreich einem jungen schwäbischen Grafen zu übertragen, so dass niemand die Rechtsgültigkeit dieser Transaktion anfechten kann, ging nicht von heute auf morgen, wenn dessen Vater der König war und das Land militärisch besetzt hielt. Zu viele wollten sich mit den Tatsachen nicht abfinden, die Rudolf im Südosten des Reiches geschaffen hatte. Nicht die Steirer und Österreicher hinderten ihn, die Belehnung seines Sohnes zu vollziehen. Er brauchte die Willensbriefe der Kurfürsten, der geistlichen vor allem, die sich jedoch hinter dem Kölner Erzbischof Siegfried gegen den König sammelten. Selbst der Mainzer Erzbischof Werner, der dem König einst zu seiner Krone verholfen hatte, stand inzwischen im Lager der Skeptiker.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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    Drei Familien: Habsburg

    Rudolf von Habsburg ging zunächst die leichteren Hindernisse an. So gab es noch eine lebende Nachfahrin der Babenberger, jenem Geschlecht, das bis zu Ottokars Herrschaft so lange über Österreich geherrscht hatte, bis es im Mannesstamm ausgestorben war. Agnes hieß die Babenbergerin, eine Großnichte des letzten Babenberger Herzogs Friedrich der Streitbare, sowie Tochter jener Gertrud, die einst zu Verona sich mit Kaiser Friedrich II. hätte vermählen sollen. Agnes hatte offenbar den Trotzkopf ihrer Mutter geerbt. Starrsinnig machte sie ihre Rechte geltend auf den Babenberger Besitz, der ja nach allgemeiner Ansicht ein „Weiberlehen“ war. Auch dem König Ottokar hatte sie einst mit ihren Forderungen in den Ohren gelegen, doch der hatte dieses lästige Problem auf seine Weise gelöst: Er zwang damals Agnes zu einer nicht standesgemäßen Ehe mit dem Grafen von Heunburg und ließ dann das jungvermählte Paar auf dessen vermeintliche oder wirkliche Rechte verzichten. Nun, da der Böhmenkönig tot war, erhoben der Heunburger und seine Frau neuerlich Ansprüche auf Teile des Babenberger Erbes.

    Einfach abschmettern konnte Rudolf den vorgetragenen Anspruch nicht: Der Habsburger hatte selbst erklärt, dass die Zwangsmaßnahmen, die Ottokar zu seiner Zeit ergriffen hatte, null und nichtig seien. Nach einigem Handel musste sich Rudolf bereit erklären, Agnes für den Verzicht auf ihre Ansprüche mit satten 6.000 Mark abzufinden. Und da der König das Geld schlicht nicht zur Verfügung hatte, verpfändete er ihr die südliche Steiermark. Das war eine schmerzliche Entscheidung, doch Rudolf handelte sich damit den Respekt der Steirer ein. Der König achtete das Gesetz. Sie waren eine andere Rechtsprechung gewohnt. Um die Höhe der Abfindung einordnen zu können – nachdem das Eintreiben der königlichen Einkünfte bis 1282 „optimiert“ worden war, betrugen diese jährlich:

    18.000 Mark aus dem Herzogtum Österreich,
    6.000 Mark aus den steirischen Ländereien,
    7.000 Mark aus den Habsburger Hausgütern,
    7.000 Mark aus den Reichssteuern.

    An der Aufstellung wird deutlich, wie unverzichtbar für Rudolf das Territorium war, das er Ottokar abgenommen hatte. Rudolfs Finanzen verbesserten sich übrigens nicht nur durch das konsequente Auspressen seiner Untertanen, er führte zudem einen bescheidenen Hof ohne Prunk und interessierte sich nicht für kostspielige Bauprojekte. Eine Kathedrale zu errichten, wie es die Salier getan hatten, kam dem Habsburger gar nicht in den Sinn. Er war ein Geizhals.

    Lieber denn als Bauherr betätigte sich Rudolf I. als Machtpolitiker. Im Herbst 1280 marschierte er wieder einmal in Böhmen ein. Dort meinte er, eine Rebellion Ottos des Langen niederschlagen zu müssen, der das Land in der Tat so regierte, als sei er der König selber. Zu spät hatten da die Böhmen begriffen, dass sie den Habsburger Teufel mit dem Brandenburgischen Beelzebub ausgetrieben hatten. Nicht wie ein Vormund des minderjährigen Wenzel II. benahm sich Otto der Lange, sondern wie ein tyrannischer Landesherr, grausam hauste die brandenburgische Besatzungsmacht. Königin Kunigunde wurde verhaftet, der kleine Wenzel nach Brandenburg entführt. Die Verträge von 1278 waren verletzt. Als Schwiegervater Wenzels hatte Rudolf I. lebhaftes Interesse, dass sie bestehen blieben. Er sammelte ein Heer und marschierte im Oktober 1280 in Böhmen ein. Diesmal schien die Kampagne nicht so gefährlich wie zwei Jahre zuvor, so dass zahlreiche deutsche Fürsten sich dem Heerbann anschlossen. Trotz der respektablen Streitmacht begnügte sich der Habsburger aber mit Säbelrasseln und Drohgebärden. Wenig entschlossen verhandelte er mit dem Brandenburger Otto und erreichte die Rückkehr Wenzels II. nach Prag. Die Königin Kunigunde erhielt eine Rente von 1.600 Mark, für sich selbst forderte Rudolf I. stattliche 15.000 Mark. Im Gegenzug durfte Otto der Lange die Regentschaft für Wenzel II. weiter ausüben. So lief das.

    Das Weihnachtsfest 1280 in Wien sollte das letzte sein, das König Rudolf mit seiner Frau Anna gemeinsam feierte. Denn sieben Wochen später starb Anna mit etwa 40 Jahren, entkräftet von den fast einem Dutzend Kinder, die sie zur Welt gebracht hatte. Brav hatte sie also ihre Pflichten als Frau und Mutter erfüllt. Nicht lange nach seiner Gattin starb auch der jüngste Sohn des Königs (dessen Name unbekannt ist), außerdem war im Februar 1281 der Olmützer Bischof Bruno gestorben, ein wichtiger Vertrauensmann des Königs und sein Statthalter in Mähren. Der schwerste Schlag aber folgte im Dezember 1281: Da ertrank kurz vor Weihachten sein Lieblingssohn Hartmann, den Rudolf I. gerne als seinen Nachfolger auf dem Thron gesehen hätte, bei einem Bootsunglück auf dem Rhein. Binnen eines Jahres hatte der König seine Frau sowie zwei seiner vier Söhne verloren. Depressiv verkroch sich Rudolf I. den Winter über, erst im Frühjahr 1282 kehrte seine alte Spannkraft zurück. Offenbar machten die Todesfälle dem König bewusst, dass auch seine Zeit nur noch begrenzt war. Österreich musste unbedingt zum nicht anfechtbaren Besitz der Habsburger werden, und der Schlüssel dazu lag bei den Kurfürsten im Reich. Denn im Augenblick behielt Rudolf I. das Herzogtum Österreich nur, weil er den so genannten Leihezwang missachtete, der ihn eigentlich verpflichtete, ein heimgefallenes Reichslehen binnen Jahr und Tag neu zu vergeben.

    Die Erzbischöfe von Mainz und Trier konnte Rudolf I. diplomatisch für sich gewinnen, gegen Erzbischof Siegfried von Köln schaffte es der König, militärisch vorzugehen und ihm einige empfindliche Nadelstiche beizubringen, die den Kirchenfürsten in einige Schwierigkeiten mit seinen übrigen Gegnern brachten. Im Dezember 1282 war es soweit, Rudolf I. lud zu einem großen Hoftag nach Augsburg, um seine Nachfolge zu regeln. Einen glänzenden Reichstag hatte der Habsburger wohl im Sinn, es geriet aber eher zu einem großen Familienfest. Es gab allzu viele, denen ein weiterer Machtzuwachs der Habsburger Macht ein Dorn im Auge war. So kamen nur die engsten Freunde, als einziger Kurfürst Pfalzgraf Ludwig, Rudolfs Schwiegersohn. Die anderen blieben fern. Ihre Willenbriefe hatten sie wohl oder übel geben müssen, sie mochten durch ihre Anwesenheit die Bedeutung eines Ereignisses nicht noch unterstreichen, das keineswegs in ihrem Sinn war. Es war einer der bedeutendsten Tage im Leben Rudolfs von Habsburg, einer der an Folgen schwersten für Österreich.


    In diesem Bild stimmt der Rat der Kurfürsten der Belehnung endlich zu

    Es war um den 20. Dezember 1282, als der König seinen Söhnen Albrecht und Rudolf die Banner von Österreich, der Steiermark, der Krain und der Windischen Mark übergeben konnte. Kärnten mag auch dabei gewesen sein, doch auf diesem Herzogtum lastete die schwere Hand Meinhards von Görz (und niemals, solange dieser Mann lebte, sollten die Habsburger in die Lage kommen, in dem Land die herzoglichen Rechte auszuüben). Mochten Rudolfs Feinde die Fäuste im Sack ballen, die Belehnung konnten sie nicht verhindern, und sie war auf rechtlich einwandfreie Weise zustande gekommen. Nicht nur Albrecht, sondern auch der erst zwölfjährige Rudolf sollte sich fortan Herzog von Österreich nennen dürfen mit allen Rechten, die mit der Führung dieses Titels verbunden waren. Erstaunlich weit hatte es dieser Knabe dank väterlicher Protektion gebracht, um zarten Alter von acht Jahren bereits eine Königstochter zum Traualtar geführt, jetzt war er gar Reichsfürst geworden.

    Die Belehnung des habsburgischen Brüderpaars „zur gesamten Hand“ war alemannischer Rechtsbrauch, doch für die Österreicher und Steirer war dieses Verfahren neu, und bald regten sich dort bei Adel und Bürgern Widerstände. Der König dagegen glaubte sein Haus damit gut abgesichert: Sollte einem seiner beiden Söhne etwas zustoßen, konnte der andere auf seine gültige Belehnung hinweisen. Und in der Tat, der Tag von Augsburg im Dezember 1282 verband Habsburg und Österreich zu einer mehr als 600 Jahre währenden Symbiose. Die Untertanen waren wie gesagt nicht froh über die doppelte Belehnung, denn wie sollte man denn zwei Herren zugleich dienen können? Der König ging im Juni 1283 auf die Kritik ein und verfügte in der Rheinfeldener Hausordnung, dass fortan Albrecht allein in jenen Ländern der Herr sein solle, die ihm und seinen Nachkommen als erbliche Lehen zustanden. Für den jüngeren Sohn Rudolf und seine Nachkommen war die „Eventualsukzession“ vorgesehen, sie sollten erst zum Zuge kommen, wenn Albrechts Linie im Mannesstamm erlosch. Damit waren die Untertanen zufriedengestellt, sie freuten sich darauf, fortan unter Herzog Albrechts „sanftem Joch“ alleine dienen zu können. Dieses vermeintlich so sanfte Joch sollten sie bald kennenlernen.



    Energie und Tatkraft hatte der 27jährige Albrecht von seinem Vater geerbt, nicht aber dessen freundliches und umgängliches Wesen. Der Herzog war ein aufbrausender Charakter mit offenbar recht groben Manieren und düsterem, abstoßendem Gesichtsausdruck. Mit seiner Gemahlin Elisabeth, der Tochter Meinhards von Görz, lebte der junge Habsburger in glücklicher Ehe, das Verhältnis zu seinen neuen Untertanen war dagegen weniger harmonisch. Rücksichtslos ging Albrecht daran, die von seinem Vater einst allzu freigebig verteilten Privilegien wieder einzukassieren und die herzogliche Macht auf Kosten des Adels zu festigen. Vom sanften Joch war nicht mehr die Rede, statt dessen häuften sich die Klagen über die Bevormundung der landfremden Schwaben, von denen es einige in den Diensten des Herzogs rasch zu Macht und Ansehen gebracht hatten. Sie spielten sich in Österreich als Herren auf, die das Gehör des Herzogs besaßen. Der aus Einheimischen zusammengesetzte Rat dagegen war zu Untätigkeit und Ohnmacht verurteilt. Dieser ihm lästigen Institution entledigte sich Albrecht, indem er sie erst gar nicht zusammentreten ließ. Kein Wunder, dass man in Österreich und Steiermark die Habsburger Herrschaft bald als Fremdherrschaft empfand, und Herzog Albrecht trug nichts dazu bei, diesen bösen Eindruck zu mildern. Er war ohne Zweifel ein tüchtiger Habsburger, vielleicht der tüchtigste, sympathisch aber war er nicht. Rücksichtslos setzte er seine Interessen durch, die meist den Interessen des Landes diametral entgegenstanden. Österreich hatte ihm nur die Mittel zu liefern, die er zur Durchsetzung Habsburger Machtansprüche benötigte.

    Der jüngere der beiden Brüder, Rudolf, erhielt für seinen Verzicht auf die Herrschaft über Österreich vom König ein weitreichendes Versprechen: Binnen vier Jahre wollte der ihm ein Königreich oder ein anderes Herzogtum verschaffen. Gelänge dies nicht, würde dem Sohn eine stattliche Abfindung in Geld zustehen.



    Welchen Eindruck das auf die anderen Fürsten im Reich machen musste, kann man leicht erahnen. Rudolf I. war durch den Erwerb Österreichs in den Stand versetzt worden, sich den Angelegenheiten des Reichs zu widmen. Das tat er offensichtlich nicht, ihn interessierte nur noch Hausmachtpolitik, die Stärkung seiner eigenen Dynastie.

    Nach den entscheidenden Weichenstellungen von 1282 blieben König Rudolf I. noch fast neun Jahre Zeit zum Regieren, ehe er 1291 starb. Und während dieser Zeit unternahm er tatsächlich kaum etwas, das dem Führen großer Politik entsprochen hätte. Statt dessen führte der 65jährige kleinliche Feldzüge wie zu den alten Zeiten, in denen der Graf Rudolf von Habsburg gegen seine Nachbarn (Bern, Savoyen, usw.) auszog. Gewonnen hatte er mit den Fehden nur wenig, nur die Zahl seiner Feinde war dadurch gewachsen. Offenbar befriedigte das alles den König selber nicht mehr. Vier Jahre nach dem Tod seiner Gemahlin Anna nahm Rudolf sich im Februar 1284 die gerade einmal 14 Jahre alte Isabella/Elisabeth zur Frau, eine Schwester des burgundischen Herzogs Robert. Sie linderte die Melancholie des Königs, aber nur eine Weile.

    Einige Monate verbrachte der König damit, die ihm unterstehenden Städte mit hohen Steuerforderungen zu quälen, bis er abrupt daran erinnert wurde, dass er sich lange nicht mehr mit Böhmen befasst hatte. Denn die Böhmen hatten 1283 im Triumphzug ihren König Wenzel II. nach Prag geholt, als der mit zwölf Jahren aus der Vormundschaft Ottos des Langen entlassen worden war. Der wahre Regent Böhmens hieß aber nicht Wenzel, sondern Zawisch von Falkenstein, sein Stiefvater. Einst war der Witigone ein Rivale von König Ottokar, Wenzels Vater, gewesen. Inzwischen hatte Zawisch das Herz von Wenzels Mutter Kunigunde erobert und sie im Geheimen geheiratet. Was der Witigone zu Ottokars Zeiten mit Waffengewalt nicht erreicht hatte, fiel ihm jetzt durch die Leidenschaft einer Witwe gleichsam in den Schoß. Er war der wahre Herr über Böhmen, während Wenzel II. ein Schattendasein als nomineller König zugedacht war.



    Wenzel II. sollte seine Zeit mit Jagen und Falknerei verbringen, meinetwegen von seiner Gemahlin Guda träumen, die er seit der Hochzeit sechs Jahre zuvor nicht mehr gesehen hatte. Im Januar 1285 kam Rudolf mit seiner Tochter Guda nach Eger, der großen Stadt an der Westgrenze Böhmens. Hier sollte endlich das Beilager gefeiert werden. Am nächsten Morgen musste Wenzel von seiner Frau bereits wieder Abschied nehmen, sein königlicher Schwiegervater zog es vor, Guda nicht in Böhmen zu lassen. Offenbar war Rudolf bewusst, dass nicht Wenzel, sondern Zawisch hier das Sagen hatte. Der Habsburger war schlau genug, um Guda nicht gleichsam als Faustpfand in den Händen des verschlagenen Witigonen zu lassen.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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    Drei Familien: Habsburg

    Ansonsten gibt es zu Rudolfs letzten Regierungsjahren noch von einer Posse zu erzählen: Die vom falschen Friedrich. Im Jahre 1284 erschien in Köln ein Mann und behauptete, er sei Kaiser Friedrich II., jener Staufer, der 1250 im fernen Apulien gestorben war und dessen Gebeine im Dom zu Palermo ruhten. Die Kölner wussten dies und lachten über den wunderlichen Unbekannten. Der aber hörte nicht auf mit seinem törichten Gerede. Man legte ihn in Ketten, doch auch noch im Kerker blieb der Mann dabei, er sei der Kaiser. Buße habe er getan und im Verborgenen gelebt, nun kehre er zurück in die Welt, die er wie einst regieren wolle. Die Kölner Justiz zeigte Menschlichkeit und jagte den Hochstapler aus der Stadt, nachdem er öffentlich gedemütigt worden war. Bald darauf tauchte der Mann in Neuss auf, wo er bei der provinziellen Bevölkerung mehr Gehör fand. Wann hatte man hier je schon einen Kaiser in den Stadtmauern begrüßen dürfen? Es kam den Menschen offenbar nicht in den Sinn, nachzurechnen, dass der wirkliche Kaiser Friedrich ein Greis von 90 Jahren hätte sein müssen. Keiner in Neuss hatte den Kaiser je gesehen. Sie wussten auch ungefähr, das es in Schwaben einen König Rudolf gab, aber was war schon ein ferner König gegen einen leibhaftigen Kaiser! Der Erfolg des Betrügers war ein beredetes Zeichen dafür, dass die Kaiseridee im einfachen Volk fortlebte, während die Herrschenden sie längst über Bord geworfen hatten. Mit Wehmut erinnerten sich die Alten der Zeiten, da noch Kaiser Friedrich geherrscht hatte, an die Schattenseiten dieser Zeit gedachte man nicht mehr. Wie glanzvoll erschien der Staufer und seine Zeit, wie armselig und machtlos dagegen der jetzige König, der sich mit den Städten herumschlug, um ein paar lumpige Steuern zu ergattern.

    In Neuss begann das Possenspiel allmählich Ernst zu werden, als der Pseudofriedrich begann, Hof zu halten und eine Kanzlei zu beschäftigen. Bald kamen Menschen, sogar Bedeutende, von nah und fern, um zu erfahren, ob an der Sache was dran sei. Anfang 1285 beschloss der Kölner Erzbischof Siegfried, dem sonderbaren Spuk ein Ende zu machen. Er sammelte ein Heer und marschierte vor Neuss, fand jedoch die Stadttore fest verrammelt. Um keinen Preis wollten die Neusser ihren Kaiser Friedrich hergeben, der die Stadt weit und breit berühmt machte. Auf eine langwierige Belagerung aber mochte sich der Erzbischof nicht einlassen. Unverrichteter Dinge zog er ab und eilte nach Nürnberg, um König Rudolf zu berichten. Dem erschienen die Ereignisse in Neuss nicht gefährlich, außerdem belagerte er gerade (wie in alten Zeiten) Colmar. Rudolf I. ließ den Erzbischof wissen, dass der Pseudokaiser sein Problem sei.

    Dem waren in Neuss seine Erfolge zu Kopf gestiegen, nun wurde er auch in bedeutenderen Städten wie Frankfurt, Gelnhausen, Friedberg und Wetzlar anerkannt. Diese Städte gedachte Pseudofriedrich nun aufzusuchen, in Wetzlar schlug er seine Residenz auf (wobei den Bürgern von Wetzlar dabei etwas mulmig zumute war). Weitere Städte, die unter dem König zu leiden hatten, fielen ebenfalls ab und interessierten sich für den Täuscher. Mitte 1285 ging der Mann so weit, dem König ein Schreiben zu senden, worin er den Habsburger aufforderte, nach Wetzlar zu kommen und seine Lehen vom wahren Kaiser zu empfangen. Rudolf I. tobte angesichts dieser Frechheit. Oft genug, rief er erzürnt, habe er den Kaiser Friedrich mit eigenen Augen gesehen und mit ihm gesprochen, da wolle er nun nachsehen, ob der Mann in Wetzlar wirklich der Kaiser sei oder nicht.

    Rudolf I. sah sich gezwungen, mit Basel und Colmar einen Frieden zu schließen und sich des wachsenden Problems anzunehmen, das bereits seien Autorität im Reich ins Wanken brachte. Am 26. Juni 1285 sammelte der Habsburger in Mainz sein Heer, sogar Erzbischof Siegfried erschien mit Truppen (die der Kölner dem König sonst immer verweigert hatte). Vereint marschierten König und Erzbischof gegen Wetzlar. Jetzt zeigte sich, dass die etablierten Mächte allemal noch stärker waren, dass die Macht des falschen Friedrich nur auf tönernen Füßen stand. Niemand wagte es, eine Hand für ihn zu rühren, doch er floh nicht aus der Stadt. Bald war er nur noch ein armseliges Häuflein Elend, die Wetzlarer nahmen ihn gefangen und lieferten ihn seinen Feinden aus. An den Sattelriemen eines Pferdes gebunden, wurde der Mann in das Lager Rudolfs geschleppt und einer grausamen Folter unterzogen. Unter Schmerzen gestand der Mann seinen wahren Namen, Dietrich Holzschuh. Auf einen Wagen gefesselt wurde er den Flammen überantwortet.

    Die Affäre warf ein übles Licht auf die zerbröselnde Macht des Königs. Er war noch stark genug gewesen, den falschen Friedrich physisch zu vernichten, die Ursachen für den Aufstieg dieses rätselhaften Mannes konnte er nicht beseitigen. Im Glauben des Volkes lebte der Hingerichtete fort. Die verschmorten Knochen bargen sie und verehrten sie als Zeichen des Himmels. Es gab dann sogar weitere Personen, die von sich behaupteten, Friedrich zu sein. In den Niederlanden tauchte ein Mann auf, der steif und fest für sich in Anspruch nahm, er sei aus der Asche des zu Wetzlar Verbrannten nach drei Tagen wiederauferstanden, und noch im Jahr 1295 wurde ein weiterer Pseudofriedrich in Esslingen verbrannt. Da wäre der, für den er sich ausgab, bereits 101 Jahre alt gewesen.

    Im Jahre 1285 drohte die Vierjahresfrist der eigenen Hausordnung abzulaufen, nach der Rudolf I. seinem Sohn ein Herzogtum, besser noch ein Königreich, zu beschaffen hatte. Tatsächlich kam noch ein wenig Bewegung in die Sache. Am 29. März 1285 starb Papst Martin IV. (1281-1285) in Perugia, jener Mann, der seine Politik so stark an Frankreich ausgerichtet hatte und den Habsburger niemals zum Kaiser gekrönt hätte. Hinzu kam noch, dass gut zwei Monate zuvor bereits Martins geliebter wie gefürchteter Vasall, König Karl von Anjou, am 7. Januar 1285 gestorben war. Mit dem neuen Papst Honorius IV. (1285-1287) gestalteten sich die Beziehungen für den Habsburger freundlicher als mit dessen widerwärtigem Vorgänger. Rudolf machte sich noch einmal Hoffnungen auf die Kaiserkrone, damit er seinen Sohn Albrecht die Nachfolge als deutscher König ebnen konnte. Ende 1285 schickte Rudolf seinen Vertrauten Heinrich von Isny zu den Verhandlungen nach Rom. Der hatte inzwischen, und zur Überraschung aller, den Posten des Erzbischofs von Mainz abgreifen können. Heinrich von Isny war der Sohn eines Handwerkers, Gottesgelehrter und Schwarzkünstler in einer Person, der, wie man munkelte, mit dem Leibhaftigen um Bunde sei, der ihm in Gestalt einer schwarzen Katze des öfteren erschiene. Ein sonderbarer Mann, ein freier, wendiger Geist, der es wagte, sich öffentlich über das kirchliche Fastengebot hinwegzusetzen und, was noch auffälliger war, einen weißgekleideten Mohren mit sich führte und einen Zwerg, mit dem er seine derben Späße trieb. Es war offenkundig, dass Rudolf I. diesen Emporkömmling eben deshalb so sehr schätzte, weil dieser sich ebenfalls aus niederen Verhältnissen mit Ehrgeiz und Klugheit nach oben gearbeitet hatte.

    Die Verhandlungen mit Honorius IV. um die Kaiserkrönung liefen das Jahr 1286 über. Der Papst schien geneigt, mit Rudolf einig zu werden. Doch der Habsburger unterschätzte den Einfluss seiner Gegner in Deutschland, die an einem Nachfolger Albrecht auf dem Thron kein Interesse hatten, und folglich die Kaiserkrönung skeptisch sahen. Einen Hebel, die Verhandlungen zu torpedieren, fand der Kopf der Skeptiker, der Kölner Erzbischof Siegfried von Köln, in dem päpstlichen Legaten, der 1286 in Deutschland aufgetaucht war. Dieser Mann war Johannes Boccamazzi, ein Verwandter des Papstes und Kardinalbischof von Tusculum. Man konnte nicht sagen, dass dieser Legat ein guter Diplomat war: Er war geradezu die Inkarnation all des Hochmutes, der an der Kurie angesichts der Erfolge der letzten Jahrzehnte sich angesammelt hatte. Johannes wurde schnell beschrieben als „der große Drache, der die italienischen Berge überstieg, seinen giftigen Schwanz über ganz Deutschland ausbreitete und mit dem Pesthauch der Simonie die Menschen vergiftete“. Der Legat erpresste von den Städten exorbitante Forderungen, Prokurationsgelder genannt. Wer nicht spurte, wurde von dem Legaten exkommuniziert. Es war also ein leichtes für den Kölner Erzbischof, den König dafür zu kritisieren, dass er diesen Legaten für die Verhandlungen nach Deutschland geholt hatte. Die Stimmung unter der deutschen Fürsten war jedenfalls gegen Rudolf I. geneigt, als am 26. März 1287 das entscheidende Nationalkonzil bezüglich der Kaiserkrönung in Würzburg zusammentrat.

    Das Konzil war gut besucht, die deutschen Kleriker waren in aufgebrachter Stimmung. Es dauerte nicht lange, dass es beinahe zu Handgreiflichkeiten gegen den arroganten Legaten Johannes kam und das Konzil abgebrochen werden musste. In Johannes hatte sich Rudolf den denkbar schlechtesten Anwalt ausgesucht. Schleunigst reiste der Legat Richtung Frankreich ab, bevor ihm Schlimmeres auf deutschem Boden widerfahren konnte. Die aufgebrachte Stimmung in Deutschland im Jahre 1287 entsprach in etwa jener späteren von 1517, da Martin Luther seine anklagenden Thesen gegen die römisch-katholische Kirche formulierte. Und dennoch fand sich 1287 noch kein Vergleichbarer, der die himmelschreienden Missstände ausgenützt hätte zu historischer Tat. Der Legat wurde davongejagt, die Ausschreibung eines neuen Zehnt verhindert, mehr nicht. Die Zeit war noch nicht reif für eine epochale Umwälzung, denn es fehlten Faktoren wie der Buchdruck, mit dem sich die revolutionären Stimmen hätten verbreiten können. Rudolfs Hoffnungen auf die Kaiserkrone waren spätestens da wieder einmal zunichte gemacht, als am 3. April 1287 der wohlgesonnene Papst Honorius IV. starb. Sein Nachfolger wurde Nikolaus IV., dessen Beziehung zu Rudolf korrekt, aber kühl blieben. Als am 18. März 1288 Heinrich von Isny starb (die Nachrufe waren teils wenig charmant: einen Hurenbock, Schwarzmagier und Lügner nannte man ihn), setzte der Papst in Mainz den Eppsteiner Gerhard II. als neuen Erzbischof ein, und der war kein Kandidat des Königs. Nikolaus IV. ließ den Habsburger wissen, dass in der Frage der Kaiserkrönung keine übergroße Eile angebracht sei. Niemals würde der Habsburger „über das Gebirge zur Krone fahren“, diese Trauben hingen zu hoch für den wenig mächtigen König.

    Rudolf verlor sich in der ihm verbleibenden Zeit in lokalen Fehden und Polizeiaktionen gegen Basel, Bern und Colmar, während in Italien, in Burgund und in Flandern die Rechte des Reiches mit Füßen getreten wurden. Der Papst, die italienischen Städte sowie der französische König waren eine ganz andere Liga als er: Im Grunde war Rudolf zeit seines Lebens der kleine Graf geblieben, der er am Anfang gewesen war. Eine bedeutende Sache jedoch geschah noch zu Lebzeiten des greisen Königs: Am 10. Mai 1290 starb überraschend Sohn Rudolf im Alter von zwanzig Jahren in Prag, als er dort zu Besuch weilte. Der Sohn, dem der König ein Herzogtum, gar eine Königskrone binnen vier Jahren versprochen hatte, sollte niemals ein König werden. Er hinterließ seine hochschwangere Gattin Agnes, die Tochter Ottokars. Bald darauf brachte sie einen gesunden Sohn zur Welt, der auf den Namen Johann getauft wurde. Dieser Junge würde später noch auf die Erfüllung des Versprechens, das seinem Vater einst gegeben worden war, vehement pochen!



    Ende 1290 war es soweit, der König fühlte allmählich sein Ende nahen. Im Frühjahr 1291 brach Rudolf auf zu so etwas wie eine Abschiedstournee, die ihn durch seine geliebten Städte wie Straßburg führte. Mit letzter Kraft, als es mit ihm zu Ende ging, begab er sich nach Speyer, wo er neben seinen großen salischen Vorgängern im Dom begraben werden wollte. Dort in Speyer tat Rudolf I. am 15. Juli 1291 seinen letzten Atemzug. An der Seite Philipps von Schwaben, des letzten Staufers, der in deutscher Erde ruhte, fand der Habsburger seine Grabstätte. Seine Grabplatte ist noch heute dort aufgestellt.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  7. #292
    Seufz Avatar von GarfieldMcSnoopy
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    Schnief... möge er in frieden ruhen. 😢und jetzt Albrecht for emperor!make the reich great again!😁
    Das ist alles, was wir tun können: immer wieder von neuem anfangen, immer und immer wieder. (Thornton Wilder)

  8. #293
    Registrierter Benutzer Avatar von Mark
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    Drei Familien: Habsburg

    Ein ganz finsterer Zeitgenosse, here he is ...erstmal unter dem König Adolf - ja, auch einen mit diesem Namen gab es mal auf dem Thron:


    Adolf von Nassau

    Als Rudolf I. im Jahre 1291 starb, da hatte er fünf seiner zehn Kinder überlebt. Von den Söhnen lebte nur noch Albrecht, der finstere Herzog von Österreich.



    1. Mathilde (*1253) – verheiratet mit dem Kurfürst Ludwig II. von der Pfalz
    2. Albrecht (*1255) – Herzog von Österreich, verheiratet mit Elisabeth von Görz
    3. Katharina (1256-1282) – war verheiratet mit Herzog Otto III. von Niederbaiern
    4. Gertrud (*1257) – verheiratet mit Herzog Albrecht II. von Sachsen
    5. Heilwig (1259-1286) – war verheiratet mit Markgraf Otto IV. von Brandenburg
    6. Klementia (*1262) – verheiratet mit Charles Martell von Ungarn
    7. Hartmann (1263-1281) – im Rhein ertrunken
    8. Rudolf (1270–1290) – in Prag gestorben, hinterließ den Sohn Johann
    9. Guta (*1271) – verheiratet mit dem böhmischen König Wenzel II.
    10. Karl (1276-1276) – als Kind gestorben

    Das Erbkönigtum hatte Rudolf für seinen Sohn nicht einführen können, es war nun also an den Kurfürsten, einen Nachfolger auf dem Thron zu bestimmen. Die Krone wurde fast ein Jahr lang nicht neu vergeben, so lange dauerte es, bis man sich auf einen Kandidaten einigte. Albrecht hatte in dieser Zeit alle Hände voll zu tun: Nach dem Tod seines Vater zeigte sich, welche Kräfte der König zu seinen Lebzeiten in Österreich gebändigt hatte. Anfang August 1291 nämlich brachen in Österreich, der Steiermark und in der Schweiz Aufstände gegen Albrecht los, die er mühsam niederringen musste.

    Für die Kurfürsten war jedenfalls klar, dass sie keinesfalls den rigorosen und unbeliebten Machtpolitiker Albrecht zum König wählen würden. Lediglich der Kurfürst Ludwig II. von Pfalz, Albrechts Schwager, unterstützte eine Kandidatur Albrechts. Der Kölner Erzbischof Siegfried war seit jeher ein Gegner der Habsburger und argumentierte nun sogar, dass es nicht rechtens sei, dass ein Sohn seinem Vater unmittelbar im Reich nachfolge. Eine eigenwillige Meinung, wenn man sich die Praxis der vorherigen Jahrhunderte anschaute. Mit der Wahlstimme des jungen Böhmen Wenzel II., auch er ein Schwager von Albrecht, konnte der Habsburger ebenfalls nicht rechnen. Denn Wenzel II. strebte danach, die Babenberger Ländereien aus dem Erbe seines Vaters Ottokar zu erlangen, und das machte ihn natürlich zu einem Gegner Albrechts. Wenzels Stimme hatte umso mehr Gewicht, weil er bereits die Stimmen der beiden Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg für sich eingekauft hatte: Sie würden sich seiner Stimmabgabe anschließen. Ähnliches hatte der Kölner Erzbischof zuwege gebracht, er hatte sich mit seinen Kollegen aus Mainz und Trier auf eine gemeinsame Stimmabgabe verständigt. An der Stimme aus Mainz wieder hing die des böhmischen Königs, Wenzel hatte sie an Gebhard verkauft. Da fiel die einzige „unabhängige“ Stimme des Pfalzgrafen Ludwig II. also auch nicht mehr ins Gewicht.

    Ein Blick auf die sieben Kurfürsten des Reiches, zum einen jene, die 1273 Albrechts Vater zum König wählten, bis hin zu denen, die 1291 nun über die Nachfolge bestimmten.



    König von Böhmen
    (1253-1278) Ottokar II. *1232 +1278 (Przemysliden)
    Kam im Kampf um Österreich in der Schlacht gegen Rudolf von Habsburg ums Leben.
    (seit 1278) Wenzel II. *1271 (Przemysliden)
    Sohn des Vorgängers, erhebt Anspruch auf das Herzogtum Österreich gegen Albrecht von Habsburg, obgleich er mit Schwester Albrechts verheiratet ist.

    Pfalzgraf bei Rhein
    (seit 1253) Ludwig II. der Strenge *1229 (Wittelsbacher)
    Das war der, der aus Eifersucht seine erste Ehefrau hatte hinrichten lassen. Seit 1255 war er zugleich Herzog von Oberbaiern, sein Bruder Heinrich XIII. erhielt Niederbaiern. Ludwig der Strenge ist ebenfalls ein Schwager Albrechts von Habsburg und steht diesem politisch nahe.

    Erzbischof von Mainz
    (1259-1284) Werner *1225 +1284 (von Eppstein)
    Werner war jener Kurfürst, der sich damals für die Königswahl des unbedeutenden Rudolf von Habsburg ausgesprochen hatte.
    (1284-1288) Heinrich II. *1222 +1288 (von Isny)
    Aus gewöhnlichen Verhältnissen stammend, brachte es dieser ebenso kluge wie zwielichtige Mann bis in das Erzbistum von Mainz. Er war ein enger Vertrauter der Habsburger.
    (seit 1288) Gebhard II. *1230 (von Eppstein)
    Gebhard war ein Schwager des früheren Erzbischofs Werner, stand den Habsburgern, insbesondere Albrecht, aber kritischer gegenüber.

    Erzbischof von Köln
    (1261-1274) Engelbert II. *1220 +1274 (von Falkenburg)
    Er war damals jener Kurfürst, der Rudolf von Habsburg die Krone auf das Haupt setzte. Ansonsten war er eher wenig erfolgreich.
    (seit 1275) Siegfried *1260 (von Westerburg)
    Ein energischer Strippenzieher und einer der Großen im Reich. Meistens steckte er dahinter, wenn eine Koalition gegen die aufstrebenden Habsburger geschmiedet wurde. Bei der Schlacht von Worringen erhielt Siegfried zwar einen empfindlichen Dämpfer, er war bei der neu anstehenden Königswahl aber wieder ganz in seinem Element.

    Erzbischof von Trier
    (1260-1286) Heinrich II. *unbekannt +1286 (von Finstingen)
    Die meiste Zeit seiner Amtszeit führte er Krieg gegen Koblenz.
    (seit 1286) Boemund I. *unbekannt (von Warsberg)
    Er war die ersten drei Jahre nicht unangefochtener Erzbischof von Mainz, erst dann war der erste der beiden Konkurrenten gestorben und der zweite, Gebhard von Eppstein, anderweitig Erzbischof geworden, nämlich in Mainz.

    Markgraf von Brandenburg
    (seit 1267) Otto IV. der Lange *1238 (Askanier)
    Ein Ururenkel von Albrecht dem Bären. Otto war derjenige, der in Böhmen die tyrannische Regentschaft für den damals noch minderjährigen Wenzel II. geführt hatte.

    Herzog von Sachsen
    (seit 1260) Albrecht II. *1250 (Askanier)
    Albrecht regierte über den sächsischen Teil Wittenberg, während sein Bruder Johann den Teil Sachsen-Lauenburg beherrschte. Zum Dank dafür, dass Albrecht 1273 seine Kurfürstenstimme dem Habsburger gegeben hatte, erhielt er eine Tochter Rudolfs zur Frau. Albrecht II. ist damit ein weiterer Schwager des Habsburgers Albrecht von Österreich.


    Auch die Kandidatur des französischen Königs schlugen die Kurfürsten aus, mochte er auch noch so viel Geld dafür bieten. Die Kurfürsten waren sich einig, dass ein mächtiger Mann auf dem deutschen Thron unerwünscht war. Als Kompromisskandidat im Gespräch war zunächst der schwäbische Herzog Konrad von Teck, ein Zähringer, der jedoch am 1. Mai 1292 eines möglicherweise gewaltsamen Todes starb. In dieser unentschiedenen Situation gewann der Kölner Erzbischof Siegfried die Oberhand. Siegfried hatte im jüngst vergangenen Limburger Erbfolgekrieg als Folge der verlorenen Schlacht von Worringen (1288) erhebliche politische und territoriale Einbußen hinnehmen müssen. Um so mehr war er entschlossen, sein Wahlrecht zum Vorteil seiner Kirche zu nutzen: Dass deren Verluste wettgemacht werden mussten, war in seinen Augen nämlich ein legitimes Ziel seines Handelns. So verwundert es nicht, dass er mit Adolf von Nassau einen seiner Mitstreiter im Limburger Erbfolgekrieg als seinen Kandidaten für die Königswürde ins Spiel brachte. Graf Adolf war zudem entfernt verwandt mit dem Kölner Erzbischof Siegfried (von Westerburg) sowie dem Mainzer Erzbischof Gerhard (von Eppstein). Graf Adolf war ein machtloser Fürst, er beherrschte nicht einmal die gesamte Grafschaft Nassau. Ihm unterstanden nur verstreute Güter um Wiesbaden, im Taunus und an der Lahn mit knapp 100 Dörfern.

    Für den Fall seiner Wahl schloss Erzbischof Siegfried mit Adolf einen Vertrag, der den Grafen in vielfältiger Weise an die Interessen des Kölner band. So sollte er keinen Feind des Erzbischofs in seinen Rat aufnehmen oder zu seinem Vertrauten machen, besonders nicht die Gegner des Erzbischofs während des Limburger Erbfolgekriegs: den Herzog von Brabant und die Grafen von Berg und von der Mark. Um seine Wahl abzusichern, hatte Adolf zahlreiche Sicherheiten zu stellen, das waren Verpfändungen von Reichsstädten und -burgen. Die Interessen Gebhards von Mainz, des Pfalzgrafen Ludwig sowie Wenzels von Böhmen hatte Adolf ebenfalls schriftlich zu garantieren. Wenzel II. erhielt dabei am meisten zugesagt: Hinsichtlich seiner Ansprüche auf Österreich, Steiermark und Kärnten ein wohlwollendes Urteil in Aussicht gestellt. Bei der Mark Meißen wurde Wenzel II. der Vorrang bei einer eventuellen neuen Belehnung eingeräumt.

    Als es am 5. Mai 1292 zur Wahl kam, waren Adolf also - politisch gesehen – bereits die Zähne gezogen worden. Für Herzog Albrecht von Habsburg war allerdings keine Entwarnung angesagt, der schwache Adolf war eine Marionette in den Händen der Kurfürsten, die mittels des Schattenkönigs durchaus Albrechts Position in Österreich gefährlich werden konnten. Albrecht war aber so klug, Adolf von Nassau als seinen König anzuerkennen. Er wollte nicht so enden wie Ottokar von Böhmen, der sich damals geweigert hatte, seine Vater als König anzuerkennen, obwohl dies der Wille der mächtigen Kurfürsten gewesen war.

    Wie mit dem Kölner Erzbischof vereinbart, blieb Adolf nach seiner Wahl vier Monate in dessen Herrschaftsgebiet. Der Erzbischof erwartete vom König eine Revision der Ergebnisse der Schlacht von Worringen 1288. Er hatte die Hoffnung, wieder größeren Einfluss in der Stadt Köln zu gewinnen. Trotz der engen Vorgaben emanzipierte sich Adolf rasch von seinen Wählern und schloss Bündnisse mit ihren Gegnern. So bestätigte er beispielsweise die Rechte von Adligen und der Stadt Köln, die sich gegen ihren Landesherrn gewandt hatten, und erweiterte diese Rechte sogar.

    Auch die Versprechungen hinsichtlich der Herzogtümer Österreich und Steiermark brach Adolf sehr schnell. Albrecht von Habsburg vermied, wie erwähnt, als kluger Diplomat eine Auseinandersetzung mit dem neuen König und erhielt gegen Herausgabe der Reichskleinodien, die er von seinem Vater her noch in Besitz hatte, im November 1292 eine förmliche Belehnung mit Österreich, der Steiermark und der Windischen Mark. Ein Affront Adolfs gegen den Böhmen Wenzel, dem Adolf schließlich seine Unterstützung beim Erlangen eben jener Titel Hilfe versprochen hatte!

    Die Marionette Adolf machte sich daran, seine eigene Hausmacht herzustellen. Mit jeder neuen Urkundenausfertigung rückte Adolf von seinen Versprechungen ein Stück weiter ab, ohne dass man ihn des offenen Vertragsbruchs bezichtigen konnte. Sein Hof wurde Anziehungspunkt für alle, die Schutz vor den mächtiger werdenden Territorialherren des Reiches suchten. Er hielt zahlreiche Hoftage ab, erneuerte bereits zu Beginn seiner Herrschaft den allgemeinen Landfrieden Rudolfs I. für weitere zehn Jahre und stiftete mindestens zwei regionale Landfrieden. Provokant daran war, dass Adolf mit der Wahrung des Landfriedens ausgerechnet den Herzog von Brabant beauftragte, den Sieger von Worringen. Im Gegenzug erhielt Adolf von diesem ein großzügiges Darlehen. Die Erzbischöfe, vorneweg der Kölner Siegfried, wurden damit (und weiteren Missachtungen früherer Versprechen) regelrecht düpiert.

    Das Lehnswesen nutzte König Adolf als eines seiner wichtigsten Herrschaftsinstrumente. Er verlangte von den geistlichen Reichsfürsten für die Belehnung mit Regalien eine Zahlung, die sogenannte Lehnsware, und steigerte dieses Verlangen bis zum Ärgernis. Zeitgenossen sahen in diesem Vorgehen simonistische Tendenzen. Man konnte es auch als innovative Möglichkeit ansehen, neue Staatseinnahmequellen zu erschließen, wie dies auch andere westeuropäische Könige taten.

    Adolf gelang es durch geschickte Heiratspolitik, ehemaliges Reichsgut wieder in die Verfügungsmacht des Reiches zu bringen. Ähnlich wie es damals Rudolf I. gemacht hatte, verheiratete Adolf seine Tochter mit einem Kurfürst, nämlich Mechthild mit Rudolf dem Stammler, dem Sohn und Erben des Pfalzgrafen Ludwig dem Strengen. Der Erbfall trat bereits 1294 ein, als der Strenge starb und der Stammler neuer Pfalzgraf wurde. Und den hatte Adolf ganz gut im Griff, der Schwiegersohn wurde politisch regelrecht entmündigt. Das fand der jüngere Bruder des Stammlers vermutlich gar nicht witzig - von diesem Wittelsbacher namens Ludwig der Baier wird später noch zu hören sein.



    Das Verhältnis zwischen dem Habsburger Albrecht und König Adolf wurde 1295 ebenfalls hart belastet. Da erkrankte Albrecht nämlich schwer an einer Vergiftung, deren Ursache unbekannt war.



    Vielleicht hatte Albrecht nur schlechte Lebensmittel verzehrt, vielleicht steckte auch ein Giftanschlag dahinter. Jedenfalls brach der Herzog unter Krämpfen zusammen und rang mit dem Tod.



    Als die gewöhnlichen Heilmittel nicht anschlugen und Albrecht das Bewusstsein verlor, entschieden sich seine Ärzte für eine ungewöhnliche Behandlungsmethode: Sie hängten Albrecht kopfüber an den Beinen auf, damit das Gift aus seinem Körper fließen konnte. Der Patient überlebte die Prozedur, durch den massiven Blutdruck in seinem Kopf verlor er aber ein Auge. Das machte Albrechts finsteres Antlitz noch einmal unheimlicher. König Adolf nutzte den Todeskampf des Habsburgers sogleich, um die Lehen, die er Albrecht zuvor noch bestätigt hatte, für die Krone zurückzufordern. Das verzieh ihm der Habsburger nicht, nachdem er sich wieder erholt hatte.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  9. #294
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    Drei Familien: Habsburg

    Auch in Thüringen versuchte Adolf, Vorteile für sich herauszuschlagen. Dort herrschte der Wettiner Albrecht der Entartete, ein verschwenderischer Mann ohne Verantwortungsgefühl für den Fortbestand seiner Dynastie, der seine beiden legitimen Söhne zugunsten eines nachträglich legitimierten Bastards beim Erbe leer ausgehen lassen wollte. Die beiden Söhne wehrten sich: Der eine erzwang beim Vater sein Erbrecht auf Thüringen, der zweite besetzte Meißen. 1294 ergriff Adolf die Initiative, indem er dem Entarteten einfach Thüringen abkaufte und Meißen für die Krone einzog. Damit stach der König in ein Wespennest, denn auf Meißen erhob auch Wenzel II. Anspruch, während die Erzbischöfe von Köln und Mainz ihren Besitz in Thüringen verletzt sahen. Die beiden Söhne des Entarteten kämpften weiter um ihren Anspruch, nun nicht mehr gegen ihren Vater, sondern gegen Adolf. Der König brauchte dringend Geld, um seinen Feldzug in Thüringen finanzieren zu können. Er versuchte sich daher in der internationalen Politik.

    Im Krieg zwischen dem englischen König Edward I. und dem französischen König Philipp IV. verbündete sich Adolf mit dem Plantagenet und kassierte dafür eine stattliche Summe aus England. Das blieb den deutschen Fürsten nicht verborgen, ihr König hatte sich wie ein Söldner verkauft. Die Peinlichkeit wurde grenzenlos, als Adolf sich 1297 auch noch vom französischen König dafür bezahlen ließ, seine militärische Bündnispflicht gegenüber England NICHT einzuhalten. Das Ergebnis war, dass Adolf zwar wieder über Geld verfügte, sein Prestige aber gründlich im Eimer war.

    Den Kurfürsten reichte es jetzt, ihre königliche Marionette tat ganz und gar nicht das, was sie von ihr erwarteten. Sie verabredeten sich, gemeinsam gegen ihn vorzugehen und ihn abzusetzen. Inzwischen hatte jeder von ihnen seine eigenen Gründe dafür. Eine Alternative zum König fanden sie in dem Habsburger Albrecht, den sie sechs Jahre zuvor noch als Thronfolger verhindert hatten. Es lag wohl auch an der ausgreifenden Politik Wenzels II., dass sie den österreichischen Herzog jetzt bevorzugten, um diesen dem Böhmen als Gegenpart vor die Nase zu setzen.



    Gegen König Adolf wurde ein Absetzungsverfahren eröffnet, in dem dieser zahlreicher Verbrechen beschuldigt wurde: Hostienfrevel, Kirchenraub, Landfriedensbruch (in Thüringen), Bruch der bei der Krönung eingegangenen Verpflichtungen, Simonie und andere Delikte. Das Verfahren war ohne Beispiel, denn Adolf war bisher nicht einmal exkommuniziert worden. Auch der Papst war bei der Absetzung nicht involviert worden, obwohl er die Absetzungskompetenz für sich beanspruchte. Die Kurfürsten sahen sowohl das Recht zur Wahl wie zur Absetzung ihres Königs offensichtlich bei sich liegen.



    Doch ihr Votum alleine genügte natürlich nicht, um einen Machtwechsel herbeizuführen. Die Entscheidung musste vielmehr auch in die Tat umgesetzt werden. Nahe Göllheim in der Pfalz suchten die Kontrahenten am 2. Juli 1298 die Entscheidung in einer Schlacht. Sie kostete Adolf das Leben.

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    Drei Familien: Habsburg

    Albrecht I.

    Was der Vater bis 1291 nicht hatte bewerkstelligen können – den Habsburgern sowohl die Krone als auch das Herzogtum Österreich zu sichern – fiel Albrecht jetzt dank seiner Geduld nun doch zu. Er konnte sich einige Wochen nach dem Tod Adolfs noch einmal ganz offiziell zum neuen König wählen lassen. Nur die Stimme von Böhmen fehlte, Wenzel II. blieb wie erwartet dem Wahlakt fern. Neben Wenzel dürfte auch der seit 1294 amtierende Papst Bonifaz VIII. nicht über den Vorgang erfreut gewesen sein, hatten die deutschen Kurfürsten ihn bei ihrer Entscheidung nicht einbezogen. Albrecht vermied es konsequenterweise, beim Papst um die Bestätigung seiner Wahl nachzusuchen (Approbation). Es war nicht erstaunlich, dass der Heilige Vater diese Wahl als unrechtmäßig anprangerte. Er war gerne bereit, darüber hinwegzusehen und die Approbation zu erteilen, wenn der König ihm die Toskana abtreten würde.



    Albrecht I. konnte verhältnismäßig gut in seine Regierung starten, er hatte den Kurfürsten kaum zusätzliche Zugeständnisse machen müssen. Wobei das relativ war, die Privilegien der Kurfürsten waren auch so schon gewaltig. Mit Wenzel fand der Habsburger eine diplomatische Lösung: Er erlaubte Wenzel, seinen Machtbereich Richtung Polen zu erweitern und erreichte nachträglich auch dessen Anerkennung seiner Wahl. Apropos: Wenzel II. hatte sich von dem Einfluss seines Stiefvaters Zwaisch befreien können – er ließ ihn 1290 nämlich hinrichten.



    Um den Papst einzufangen, suchte Albrecht die Verständigung mit dem französischen König, der konnte Einfluss auf die Kurie nehmen. Ende 1299 war sich Albrecht (in Absprache mit den Kurfürsten) mit Philipp IV. soweit einig, dass Albrechts ältester Sohn Rudolf III. die Schwester des Kapetinger heiratet und der Dame das Oberelsass sowie die schweizerische Grafschaft Fribourg als Mitgift erhält. Darüber hinaus akzeptierte der Habsburger größeren französischen Einfluss in Burgund und Bar. Über all dem schwebte erneut der Verdacht, die Habsburger würden die Reichsinteressen an der Westgrenze zugunsten einer Chance auf die Einführung einer deutschen Erbmonarchie verschleudern.



    Der Vertrag wurde ratifiziert und wie vereinbart sprachen französische Delegierte 1300 bei Papst Bonifaz vor, um für Albrecht Partei zu ergreifen. Der ließ sie zunächst einmal kühl abblitzen, erst 1303 – als sein Verhältnis zu Frankreich allzu sehr abgekühlt war, lenkte Bonifaz gegenüber Philipp IV. ein. Für umsonst sollte es die Anerkennung für Albrecht natürlich trotzdem nicht geben. Bonifaz verlangte die Aufkündigung des deutsch-französischen Bündnisses sowie eine befristete, teilweise Kontrolle über Oberitalien. Und natürlich die üblichen Treue- und Schutzversprechen, wie sie ein deutscher Monarch der römischen Kirche zu leisten hatte. Albrecht ging 1303 darauf ein, die weiterreichenden Forderungen, die der Papst für eine Kaiserkrönung formulierte, wies er aber zurück. So wichtig war ihm der Romzug dann doch nicht.

    In der Zwischenzeit wiederholten sich unter Albrecht im Grunde die Ereignisse, wie sie unter Adolf stattgefunden hatten. Der mäßig einflussreiche König versuchte, seine Macht zu vergrößern. Dabei achtete er nicht die Interessen der Kurfürsten, die ihn zur Krone verholfen hatten. Albrecht gab zum Beispiel das ledig gewordene Lehen Holland-Seeland-Friesland nicht neu aus, er behielt es einfach für sich. Auch in Thüringen setzte Albrecht die Politik seines Vorgängers geradewegs fort. Als der Habsburger dann auch noch das Erzbistum Trier ausgerechnet mit Dieter von Nassau, dem Bruder des getöteten Adolf, besetzte, war für die Kurfürsten das Maß wieder einmal voll. Es hatte gerade einmal zwei Jahre gedauert, bis ihnen Albrecht zu eigenwillig wurde und sie seine Absetzung betrieben. Kennen wir alles schon.

    Mit Albrecht hatten sie allerdings einen Gegner von anderem Kaliber als Adolf. Denn der Habsburger stützte sich nicht nur auf sein Hausgut, er konnte sich auch auf die mittelrheinischen Landvögte und die Städte verlassen. Auf Seiten der Kurfürsten war die Macht insbesondere der beiden Erzbischöfe von Mainz und Köln nicht mehr auf alter Höhe. Sie hatten ihre Ressourcen im Krieg gegen Adolf bzw. um Limburg überfordert. Albrecht ging politisch unbeschädigt aus dieser Krise hervor.

    In den folgenden Jahren konnte Albrecht seine persönliche Position und die seines Hauses in Ruhe absichern und ausbauen. Die Habsburger waren jetzt eine feste Säule im Reichsgefüge. Im Jahre 1306 kam Bewegung in die große Politik: Nachdem Wenzel II. die Krone von Polen errungen hatte, streckte der böhmische König seine Hans nach Ungarn aus. Dort war mit dem Tod von Andreas III. die Dynastie der Arpaden im Mannesstamm ausgestorben, es ging also mal wieder um einen Erbfolgekrieg. Einen böhmischen Einfluss auf Ungarn mochte der Habsburger aus Gründen der Machtbalance nicht dulden, zumal die Witwe des verstorbenen Andreas eine Tochter Albrechts war. Albrecht hatte zwar keine Chance, einen eigenen Kandidaten in Ungarn zu platzieren, aber den böhmischen Königssohn Wenzel III. wollte er zumindest verhindern. Albrecht unterstützte daher den päpstlichen Kandidaten Charles von Anjou, der sich 1304 auch durchsetzen konnte.

    Der Habsburger lag also eh im Krieg mit Böhmen – und dann verstarb am 21. Juni 1305 König Wenzel II. mit nur 33 Jahren. Sein Sohn und Nachfolger Wenzel III. war da lediglich 15 Jahre alt und mit der nun auf ihm lastenden Verantwortung überfordert. Albrecht brauchte nur noch mit den Waffen zu klirren und bekam einen günstigen Frieden: Das Eger- und Pleißnerland fielen zurück an den Habsburger, der böhmische Anspruch auf Ungarn wurde vom Tisch genommen. Albrecht eröffneten sich noch mehr Möglichkeiten: Wenig später versetzte ihn die Ermordung des jungen Wenzels III. (war eine innerböhmische Intrige) sogar in die Lage, das Königreich Böhmen als heimgefallenes Reichslehen zu reklamieren und die Wahl seines Sohnes Rudolf III. zum böhmischen König zu betreiben. Mit Wenzel III. waren die Przemysliden nämlich auch im Mannesstamm ausgestorben.

    Es gab ein Problem: Der Meinhardiner Heinrich, Herzog von Kärnten, hatte rechtzeitig die Schwester des letzten Przemysliden geheiratet und machte ebenfalls Anspruch auf den böhmischen Thron geltend. Der böhmische Adel zog es vor, den Meinhardiner anstelle des Habsburgers als Herrn zu haben. Albrecht wusste Rat, seinem Sohn eine ebenso gute Legitimierung zu verschaffen. Die französische Prinzessin, mit der Albrecht seinen Sohn 1300 verheiratet hatte, war praktischerweise bereits 1305 gestorben und Rudolf III. Witwer. Und da Wenzel III. tot war, gab es auch in Prag eine Witwe, nämlich die Polin Elisabeth. Flugs wurden Rudolf und Elisabeth im Oktober 1306 verheiratet. Unter dem Eindruck der drohenden Reichsacht machte der Kärntner Heinrich einen Rückzieher und verzichtete auf Böhmen.

    Albrecht Sohn Rudolf konnte sich in Prag zum böhmischen König krönen lassen, das Königreich wurde allen Söhnen Albrecht zu gesamter Hand belehnt. Die Habsburger hatten endlich auch hier den Fuß in der Tür. Die deutschen Fürsten konnten lediglich durchsetzen, dass Rudolf dafür auf die Herrschaft über Österreich verzichten musste. Albrechts Nachfolger in Wien sollte statt dessen der zweite Sohn Friedrich (der Schöne) werden. Das war für den König eine akzeptable Bedingung. Den Widerstand des böhmischen Adels brach Albrecht mit Gewalt.

    Eine politische Einigung Mitteleuropas unter der Führung der Habsburger schien zum Greifen nahe. Kaum war Böhmen gesichert, nahm Albrecht wieder Thüringen ins Visier, wo die Wettiner mittlerweile ihre internen Streitigkeiten beigelegt hatten. Die beiden Söhne „des Entarteten“ standen gemeinsam gegen das königliche Heer, das Albrecht im Mai 1307 nach Thüringen schickte. Bei dieser Schlacht erhielt Albrecht den wohl ersten harten Dämpfer seiner sonst erfolgreichen Regierung: Seine Truppen wurden von den Wettinern klar geschlagen.

    Den zweiten Schlag erhielt Albrecht durch den Tod seines Sohnes Rudolfs am 4. Juli 1307. Der junge Mann starb mit etwa 25 Jahren wohl an einem durchgebrochenen Magengeschwür (nicht umsonst hatten die Böhmen ihm den Spottnamen „König Brei“ verpasst, der Habsburger vertrug nur leichte Kost). Der böhmische Adel fackelte nicht lange und bot erneut dem Kärtner Heinrich die Krone an. Albrecht I. rüstete zu einem neuerlichen Böhmenfeldzug, um das in Ordnung zu bringen.

    Da schlug das Schicksal gegen Albrecht I. aus einer unerwarteten Richtung zu: Im April 1308 erschien wieder einmal sein Neffe Johann bei ihm und verlangte von ihm seinen immer wieder verweigerten Erbteil. Johann war der Sohn von Albrechts älterem Bruder Rudolf. Wir erinnern uns: Dieser Rudolf war damals in der Hausordnung beim Erbe des Herzogtums Österreich ausgeklammert worden und hatte vom Vater ein anderweitiges Herzogtum, gar ein eigenes Königreich, binnen vier Jahren versprochen bekommen. Aus der Sache wurde bekanntlich nichts, weil Rudolf 1290 überraschend in Prag gestorben war. Johann hatte zwar bereits das Herzogtum Schwaben geerbt, aber das reichte ihm nicht. Für den Verzicht seines Vaters auf Österreich verlangte er mehr – vielleicht brachte er sich bei Albrecht wegen des vakanten Throns in Böhmen ins Spiel? Wie auch immer, Albrecht vertröstete seinen Neffen abermals. Das war über die Jahre so häufig geschehen, dass Johann bereits der Spottname „Herzog ohne Land“ anhing. Wir kennen das aus CK2 ja mit den lästigen Meldungen landloser Söhne! Bei einem gemeinsamen Abendessen in Winterthur ließ der König jedem seiner Gäste einen Blumenkranz überreichen, den Johann seinem Onkel zornig ins Gesicht warf, wobei er ausrief, er sei zu alt, um weiterhin mit Blumen abgespeist zu werden, und er wolle das, was ihm zusteht. Das Fest war nach diesem Eklat vorzeitig zu Ende. Jetzt hatte der enttäuschte Johann endgültig genug: Er lauerte seinem Onkel am 1. Mai 1308 auf und erstach ihn, unterstützt von zwei Attentätern.

    Vermutlich hätte es Albrecht I. geschafft, die Habsburger fest an der Spitze des Reiches zu etablieren. Sein plötzlicher Tod sollte die politische Dominanz seines Hauses auf dem Thron um 130 Jahre verzögern.


    … und wie ging es weiter?

    Johann, genannt Parricida (Verwandtenmörder) floh nach dieser Tat und tauchte unter. Vermutlich starb er fünf Jahre später, getarnt als Mönch, in Pisa. Die deutschen Kurfürsten wählten nach Albrechts Tod natürlich keinen weiteren Habsburger zum König, sie suchten erneut nach einem eher machtlosen Nachfolger. Sie wurden fündig mit dem Luxemburger Grafen Heinrich VII. aus dem Haus Limburg-Luxemburg. Im Herzogtum Österreich folgte Albrechts Sohn Friedrich der Schöne nach, dem bei der Regierung sein tatkräftiger Bruder Leopold an der Seite stand. Von den Genannten werden wir im nächsten Kapitel, das sich mit Deutschland beschäftigt, noch hören.


    Literatur:
    Johann Franzl – Rudolf der Erste
    GEO Epoche – Die Macht der Habsburger
    Thomas Zotz/Christine Reinle – Die deutschen Könige des Mittelalters
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  11. #296
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  12. #297
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    Drei Familien: Wittelsbach

    Mensch, danke für Deine löblichen Worte. Ist ja nicht so, dass ich nicht selber mit Spaß an der Sache sitze - sonst würde man das ja nicht machen - aber das motiviert einen natürlich weiter und auf's Neue! Dann stelle ich auch mal wieder eine Fortsetzung rein, es geht zur zweiten der drei Familien.

    Die aktuelle Kapitelübersicht, hat bereits eine stattliche Länge erhalten:

    Achtung Spoiler:
    1. Frühmittelalter
    Karl der Große
    1. Wie man einen König macht
    2. Bruderzwist
    3. De bello saxonici
    4. Eine Schlappe wird zum Heldenlied
    5. Die Krönung zum Kaiser
    6. Die Nachfolgeregelung
    Das byzantinische Kaiserreich
    1. Konstantin V. (769-780)
    2. Leo IV. (780-797)
    3. Romylia (797-801)
    4. Konstantin VI. (801-810)

    2. Das Zeitalter der Wikinger
    Alfred der Große
    1. Ethelred (867-884)
    2. Alfred (884-918)
    Die ersten deutschen Könige
    1. Prolog: Was geschah von 814 bis 867?
    2. Ludwig der Deutsche (840-873)
    3. Karlmann von Baiern (873-886)
    4. Arnulf von Kärnten (886-898)
    5. Ludwig III. (898-937)
    6. Heinrich I. (937-968)
    7. Hundert Jahre: Von Otto II. zu Heinrich IV.

    3. Das Hochmittelalter
    Wilhelm der Eroberer
    1. Vorgeschichte
    2. Der Herzog in seinem Herzogtum – Williams Herkunft
    3. Die Normandie und England
    4. Der König und sein Königreich – Wilhelmus Rex
    5. Williams letzte Jahre – die liebe Familie
    Heinrich IV.
    1. Wehe dem Lande, dessen König ein Kind ist!
    2. De bello saxonico
    3. Der unheimliche Mönch
    4. Der Gegenkönig
    5. Reges geminati, papae geminati
    6. Deus lo vult!
    7. Heinrichs letztes Gefecht
    Der Erste Kreuzzug
    1. Prolog – über das Leben Philipps I. von Frankreich
    2. Der byzantinische Hilferuf
    3. Der Zug durch das byzantinische Reich
    4. Im Heiligen Land
    Duell: Heinrich der Löwe und Barbarossa
    1. Vorgeschichte der Welfen und Staufer
    2. Die Zeit unter dem Salier Heinrich V. (1104-1125)
    3. Die Staufer werden um die Krone gebracht - Lothar III. (1125-1137)
    4. Der erste Staufer auf dem Thron - Konrad III. (1137-1152)
    5. Duell: Friedrich I. Barbarossa (1152-1190)
    1. Heinrich der Löwe verzichtet auf die Königskrone
    2. Heinrichs Kämpfe gegen die Wenden
    3. Krieg in Italien, Ärger in Sachsen
    4. Heinrichs Pilgerfahrt
    5. Die Unterredung von Chiavenna
    6. Der Prozess gegen den Löwen
    7. Nach dem Sturz
    6. Das letzte Aufbäumen des Löwen - Heinrich VI. (1190-1197)
    Duell: Saladin und Richard Löwenherz
    1. Saladin in Ägypten
    2. Königreich der Himmel
    3. Der Dritte Kreuzzug
    4. Die Plantagenet: Richards Herkunft
    5. König Richard auf dem Weg ins Heilige Land
    6. Richard Löwenherz im Heiligen Land
    Zwischenkapitel: Die Wehen der neuen Epoche
    1. Die glühende Krone
    2. Better to reign in hell, than serve in heaven
    3. Ein Ausbund an Verderbtheit und das Werk der Hölle
    4. Deutschland: Philipp von Schwaben gegen Otto IV.

    4. Mongolensturm
    Friedrich II.
    1. Noch einmal Staufer gegen Welfen
    2. Friedrichs ganz eigener Kreuzzug
    3. Messias oder Antichrist
    4. Der Untergang der Staufer
    Edward I.
    1. Prinz Edward
    2. König Edward
    3. Hammer der Schotten
    Drei Familien: Habsburg - Rudolf I.
    1. Bescheidene Herkunft
    2. Das Interregnum
    3. Königswahl
    4. Marsch auf Wien
    5. Der Zweikampf
    6. Hausmacht
    7. Adolf von Nassau
    8. Albrecht I.
    Drei Familien: Wittelsbach – Ludwig IV.
    1. Die Wittelsbacher
    2. Heinrich VII. von Luxemburg
    3. Alighieri Dante
    4. Doppelpack: Ludwig von Wittelsbach und Friedrich von Habsburg
    5. Der Papst wird ausgesperrt




    Drei Familien: Wittelsbach
    Ludwig IV.
    Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, lebte ca. 1282 bis 1347
    Startdatum: 1. Mai 1308


    Am 1. Mai 1308 war König Albrecht unweit der Habsburg den Dolchen seiner Mörder zum Opfer gefallen. Die Nachricht von dieser unerhörten Bluttat muss sich in Windeseile verbreitet haben. Bereits am 11. Mai trafen sich bei Brüssel einige niederrheinische Fürsten, darunter Herzog Johann von Brabant, Graf Wilhelm von Holland und Graf Heinrich von Luxemburg. Sie versprachen sich vertraglich gegenseitige Hilfe gegen jedermann und im Fall einer möglichen Wahl eines der Bündnispartner zum König die Bestätigung ihrer Lehen.

    Auch die Kurfürsten selber machten sich natürlich Gedanken, wie sie sich bei der anstehenden Wahl positionieren sollten. Nach einer Reihe von Vorverträgen – das nahm fast ein halbes Jahr in Anspruch – kamen die weltlichen Kurfürsten von Brandenburg, Baiern und der Pfalz überein, ihr Votum demjenigen zu geben, der die Mehrheit der drei geistlichen Kurstimmen (Köln, Mainz, Trier) auf sich vereinigen könne. Dabei gingen sie davon aus, dass die Wahl auf einen aus ihrem Kreis fallen würde. Die Bündnispartner von Brüssel zogen sie dabei als Konkurrenten gar nicht in Betracht.

    Einer von den „Brüsselern“ aber, nämlich Heinrich von Luxemburg, war bereits in eigener Sache aktiv: Mit Unterstützung seines in Trier einflussreichen Bruders Balduin formulierte Heinrich gegenüber den drei Erzbischöfen großzügige territoriale und finanzielle Versprechungen auf Kosten des Reiches. Und so wurde der Luxemburger Graf am 27. November 1308 einstimmig zum neuen König gewählt. Okay, es waren nur sechs der sieben Stimmen, der böhmische König Heinrich (der Meinhardiner mit dem Herzogtum Kärnten) fehlte bei der Wahl. Damit gelangte ein neues Geschlecht auf den Königsthron: Die Luxemburger. Sie waren neben den Habsburgern und den Wittelsbachern eine der drei Familien, die das Reich auf lange Zeit prägen würden.



    Die Habsburger sind bereits ausführlich dargestellt worden, von den beiden anderen soll jetzt die Rede sein, ich beginne mit den Bayern:


    Die Wittelsbacher

    Woher die Wittelsbacher ursprünglich stammen, ist nicht klar, die Herkunft von Karl dem Großen oder gar den Trojaner gehören in das übliche Reich der Legenden. Seriöser ist die Annahme, dass sie eine Seitenlinie der Luitpoldinger waren. Die wiederum haben ihren Namen von dem Markgrafen Liutpold von Baiern, der 907 starb. Dessen Sohn Arnulf der Böse kam im Kapitel „Die ersten deutschen Könige“ vor, er war der Gegenkönig zu Heinrich I. - wer sich daran erinnert, Arnulf hatte ich erwähnt, weil er gemeinsame Sache mit den ungarischen Todfeinden machte und deshalb bei den deutschen Fürsten unten durch war. Arnulfs jüngerer Sohn erbaute 940 die Burg Scheyern, erst der dort sitzende Graf Otto II. von Scheyern, der 1078 starb, ist er erste gesicherte Vorfahr der Wittelsbacher. Dessen Enkel Otto V. verlegte seinen Sitz auf die Burg Wittelsbach.



    Der aktuelle Vertreter des Hauses Wittelsbach war im Jahre 1308 Ludwig der Baier. Er war wohl im Jahre 1282 in München zur Welt gekommen. Bei seiner Geburt war es fast genau hundert Jahre her, dass man Heinrich dem Löwen seine Herzogtümer Sachsen und Baiern abgesprochen hatte und der oben erwähnte Graf Otto V. von Wittelsbach im Jahre 1180 von Kaiser Barbarossa mit Baiern belehnt worden war. Der einzige Sohn des frischgebackenen Herzogs Otto war der Urgroßvater Ludwigs des Baiern, der Herzog Ludwig der Kehlheimer genannt wurde, weil er in Kehlheim zur Welt gekommen und sechzig Jahre später, 1231, dort vor aller Augen ermordet worden war. Als Drahtzieher des Mordes betrachteten die Zeitgenossen Barbarossas Enkel, Kaiser Friedrich II., weil der Kehlheimer in Verdacht geriet, zum Papst übergegangen zu sein, als der gewaltige Kampf des Staufers mit der Kirche begann. Angesichts der Rachsucht Friedrichs II. war das nicht von der Hand zu weisen. Da der Mörder zudem fremdländisch aussah, wurde er natürlich mit dem „Alten vom Berge“, dem Haupt der Assassinensekte im Libanon, der man Morde auf Bestellung nachsagte, und Friedrichs Bekanntschaft mit dieser geheimnisvollen Gestalt in Zusammenhang gebracht. Aufgeklärt werden konnte das nicht, da der Mörder noch an Ort und Stelle von den aufgebrachten Zeugen des Mordes erschlagen wurde.

    Ansonsten blieb Ludwig I. durch die rücksichtslose Territorialpolitik in Erinnerung, mit der er die wittelsbachische Herzogsmacht ausbaute. Dabei kam ihm der Umstand zugute, dass in Baiern mit nirgends sonst zu beobachtender Häufigkeit ein Adelsgeschlecht nach dem anderen ausstarb. Der Kehlheimer zog den Besitz als heimgefallenes Lehen jedesmal unverzüglich ein, selbst wenn noch nahe Verwandte lebten, oder er stritt sich mit den Eigentümern bereits zu ihren Lebzeiten um das Erbe. Als sein Vetter, Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, den deutschen König Philipp von Schwaben aus gekränkter Ehre ermordete – König Philipp hatte Otto seine Tochter zur Gemahlin versprochen und die Zusage wieder zurückgezogen – gelang es dem Kehlheimer sogar, die Güter des mörderischen Vetters an sich zu bringen.

    Der einzige Sohn des Kehlheimers, Herzog Otto II. (1206-1253), an dessen Hof der bekannte Minnesänger Tannhäuser seine Lieder sang, erhielt den Beinamen „der Erlauchte“. Der Großvater Ludwigs des Baiern knüpfte nahtlos an die Territorialpolitik seines Vaters an. Einen stolzen Macht- und Landgewinn brachte ihm seine Heirat mit der Welfin Agnes von der Pfalz, einer gemeinsamen Enkelin der beiden Erzfeinde Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen – zwei streitbare Ahnen, die sicher auch ihre Spuren im Charakter Ludwig des Baiern hinterlassen haben. Durch Agnes kam die Rheinpfalz mit der Kurfürstenstimme an das Haus Wittelsbach.

    In der Reichspolitik tobte damals der Vernichtungskampf des Papsttums gegen die Staufer. Otto der Erlauchte stand erst auf der Seite des Papstes und ging dann zur Gegenseite über. Er verheiratete seine Tochter Elisabeth mit dem Stauferkönig Konrad IV. und führte während Konrads Italienzug die Reichsregierung. Otto erlebte es nicht mehr, dass sein Enkel aus dieser Verbindung, der unglückliche Konradin, 1268 in Neapel enthauptet wurde. Verwandtschaftlich gesehen war Konradin ein Cousin von Ludwig dem Baiern.



    Nach dem Tod des Erlauchten teilten seine beiden Söhne den Besitz unter sich auf. Die Primogenitur gab es im Hause Wittelsbach nicht. Ludwig II. der Strenge (1229-1294) erhielt Oberbaiern und die Rheinpfalz, Heinrich XIII. (1235-1290) Niederbaiern. Es war die erste der verhängnisvollen wittelsbachischen Landesteilungen, die Baiern so oft mit Krieg und Unfrieden überziehen sollten. Der Beiname von Herzog Ludwig „dem Strengen“ ist uns im Habsburger-Kapitel bereits begegnet: Der junge Herzog hatte seine schöne, junge Frau, Maria von Brabant, in einem Anfall jähzorniger Eifersucht enthaupten lassen, weil er wegen eines Missverständnisses an ihrer Treue zweifelte. Es ging um zwei vertauschte Briefe. Maria hatte dem Herzog liebevoll in die Rheinpfalz geschrieben, er möge von seiner Reise bald zurückkommen. Gleichzeitig bat sie seinen Feldhauptmann, ihre Bitte zu unterstützen, „in welchem Fall sie ihm gewähren wolle, worum er sie schon öfters gebeten“. Es ging lediglich darum, den Feldhauptmann zu duzen wie andere bevorzugte Vasallen, aber die Formulierung war unglücklich gewählt, die Briefe wurden vertauscht und Ludwig der Strenge nahm das Schlimmste an. Seine Reue über die unbeherrschte Handlung war tief und machte ihm sein Leben lang zu schaffen. Als Buße für die Tat gründete er später das Kloster Fürstenfeld.

    Ludwig der Strenge sollte nicht nach der unbeherrschten Tat in den Tagen seiner Jugend beurteilt werden. Er erreichte im Laufe seines Lebens ein hohes Ansehen als Persönlichkeit und als Herrscher. Im Privatleben blieb ihm jedoch das Unglück treu. Seine zweite Frau, die schlesische Prinzessin Anna von Glogau, starb früh, und der Sohn aus dieser Ehe, auch ein Ludwig, ein brillanter und außerordentlich liebenswürdiger junger Mann, kam im Jahre 1290 als 23jähriger bei einem Turnier ums Leben. In seiner dritten Ehe mit Mathilde von Habsburg, einer Tochter König Rudolfs I., wurden vier Kinder geboren, darunter die beiden Söhne Rudolf, der den unfreundlichen Beinamen „der Stammler“ erhielt, und Ludwig der Baier.

    Als 1292 der unbedeutende Graf Adolf von Nassau von den Kurfürsten zum König gewählt wurde, fand sich der Oberbaier Ludwig der Strenge bald mit dessen Regierung ab. Der ausgeprägte Familiensinn seiner Frau, einer Habsburgerin, konnte es dem Nassauer aber nicht verzeihen, dass er ihrem weit würdigeren Bruder Albrecht von Österreich vorgezogen worden war. Kurz nach dem Tode Ludwigs des Strengen 1294 musste seine Witwe nun erleben, dass ihr Sohn Rudolf sich mit Mechthild von Nassau, einer Tochter König Adolfs, verheiratete. Auch hatte Rudolf der Stammler dem Nassauer im Heiratsvertrag erstaunliche Zugeständnisse gemacht und außerdem pfälzische Besitzungen seiner Mutter, die ihr von ihrem verstorbenen Gatten als Lehen übertragen worden waren, als Morgengabe an Mechthild von Nassau weitergegeben. Die Reaktion der Herzoginwitwe ist nicht überliefert, lässt sich aber lebhaft vorstellen.

    Im Dezember 1294 wurde der junge Herzog Ludwig der Baier an den Hof seines Onkels Albrecht nach Wien geschickt. Es ist durchaus möglich, dass dies ein schon lange geplantes Unternehmen war, um dem jungen Fürsten die Chance zu geben, die Luft eines anderen Hofes zu schnuppern und seinen Horizont zu erweitern. Denkbar ist allerdings auch, dass die Herzoginwitwe den jüngeren Sohn unbedingt dem Habsburger Lager erhalten und deshalb Rudolfs Einfluss entziehen wollte. Das Verhältnis zwischen König Adolf und Herzog Albrecht war zwar nach außen hin noch korrekt, aber wann die auf beiden Seiten bisher mühsam verdeckte Feindschaft offen ausbrechen würde, konnte nur eine Frage der Zeit sein. Rudolf der Stammler würde dann auf der Seite seines Schwiegervaters Adolf stehen. Ausgerechnet Albrechts Neffe war also ein Hindernis für Albrechts Ziel, auf legitime Weise auf den Thron zu gelangen. Es war wichtig, dass die Kurfürsten ihn wählten und damit sozusagen das Mandat zum Krieg gegen König Adolf gaben. Und Rudolf der Stammler war einer der Kurfürsten. Dafür musste wenigstens dessen Bruder Ludwig der Baier zu einem gleich wichtigen und zuverlässigen Bündnispartner für Herzog Albrecht heranwachsen.

    Es dauerte vier Jahre und erforderte Geld und Überredungskunst, aber am 23. Juni 1298 sprach die große Mehrzahl der Kurfürsten die Absetzung Adolfs aus und wählte unter tumultartigen Umständen Albrecht I. zum König. Der Wittelsbacher Ludwig stimmte bei dieser Wahl für den Onkel, und es war seltsam, dass sein Bruder Rudolf als sein Vormund keinen Einspruch dagegen erhob. Der Tod von Adolf auf dem Schlachtfeld besiegelte Albrechts Griff nach der Krone. Er verhielt sich anfangs milde gegenüber dem Neffen, der treu zu seinem Schwiegervater gehalten und auf dessen Seite gekämpft hatte. Rudolf war in Ludwigs Begleitung auch bei der Krönung des Onkels in Aachen anwesend. Allerdings dauerte es nur ein Jahr, und Rudolf von Oberbaiern war mit König Albrecht gründlich zerfallen, als dieser Reichsgüter zurückforderte, die Adolf großzügig als Mitgift seiner Tochter an Rudolf vergeben hatte. Es war also kein Wunder, dass sich Rudolf im Oktober 1300 den Kurfürsten seine Unterstützung gegen den Habsburger zusagte, als die Kurfürsten selber mit dem neuen König unzufrieden geworden waren.

    Es war eine unglückliche Entscheidung, aber es war Rudolfs Tragik zeit seines Lebens, dass er immer auf das falsche Pferd setzte. König Albrecht war nicht so leicht abzusetzen wie sein Vorgänger. Er wandte sich als erstes mit militärischer Macht gegen den Neffen und brachte ihm schwere Verluste bei. Als im Sommer 1301 auch Heidelberg belagert und eingenommen wurde, hielt es Rudolf für besser, sich zu unterwerfen. Er hatte es dem Eingreifen seiner Mutter zu verdanken, die auf ihren Bruder einwirkte, dass er mit finanziellen Strafen davonkam, und nicht seine Lehen eingezogen wurden. Danach ging es den anderen Kurfürsten an den Kragen.

    Ludwig der Baier dagegen hatte den Feldzug gegen die rheinischen Kurfürsten an der Seite des Habsburgers mitgemacht. Die Bestrafung seines Bruders Rudolf hatte trotzdem auch negative Konsequenzen für ihn, denn die Lasten wurden aus der gemeinsamen Schatztruhe der Wittelsbacher beglichen. Ludwig hielt es offenbar für klüger, seinem Onkel deswegen keine Vorwürfe zu machen. Der König tat dem jungen Mann dafür aber den Gefallen, ihn aus der Vormundschaft seines Bruders zu entbinden – immerhin war Ludwig schon 19 Jahre alt. Man kann sich aber vorstellen, dass das Verhältnis der Brüder untereinander (und zu ihrer Mutter) nach diesen Vorgängen nicht mehr das Beste war.

    Im Juni 1302 beschwerten sich die beiden Brüder in München bei ihrer Mutter und beklagten sich über ihre ständigen Einmischungen. Rudolf ging dabei so weit, seine Mutter zu inhaftieren und ihren Berater hinrichten zu lassen. Zum Schein erklärte sich die Herzoginwitwe bereit, auf die Forderungen Rudolfs einzugehen. Doch kaum war sie außerhalb von Oberbaiern – angeblich, um die Zustimmung des zweiten Bruders einzuholen – erklärte sie alle Zugeständnisse für erzwungen und deshalb ungültig. Albrecht griff ein, zitierte seinen Neffen zu sich und nötigte Rudolf, seiner Mutter die abgepressten Besitzungen zurückzugeben. Nach dieser Affäre söhnten sich Mechthild und ihr Sohn Rudolf aus. Lange konnte sie sich der neu gewonnenen Selbstständigkeit nicht erfreuen: Sie starb im Jahre 1304 – ihre Söhne ließ sie als Feinde zurück. Bis zu König Albrechts Tod herrschte aber zumindest nach außen Friede zwischen ihnen. Und der Mord an Albrecht ereignete sich wie erwähnt am 1. Mai 1308.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  13. #298
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    Ich fiebere immer dem lesen entgegen, wenn ich seh das was neues geschrieben wurde. Echt top!
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  14. #299
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    Drei Familien: Wittelsbach

    Heinrich VII. von Luxemburg

    Über die Herkunft dieses Grafenhauses wurde in der Forschung viel gerätselt. Ein festes Eckdatum ist der Palmsonntag des Jahres 963, an dem Graf Siegfried durch Gebietstausch die Lucilinburg über dem Tal Alzette erhielt. Doch erst 120 Jahre später nannte sich die Familie nach diesem Stammsitz Luxemburg. Siegfried war Graf an der Mittelmosel und im Saargau, doch die Machtbasis war die Stadt Trier, das schon damals ein wichtiges Klosterzentrum im Reich war. Der älteste unter Siegfrieds Söhnen war ein enger Vertrauter von Otto III. und ermöglichte seiner jüngsten Schwester Kunigunde die Heirat mit Ottos Großcousin, dem Baiernherzog Heinrich. Nach dem Tod des jungen, kinderlosen Ottos III. errang dieser Heinrich die Königskrone (Heinrich II.). Die Brüder der unerwartet zur Königin aufgestiegenen Kunigunde wollten allzu dreist auf Kosten ihrer Schwester Karriere machen. Daran entzündete sich die so genannte Moselfehde zwischen Heinrich II. und den Luxemburgern, die fast dessen halbe Regierungszeit andauerte. Kurzzeitig wirkten die Luxemburger unter Heinrich II. und dem Salier Heinrich III. als Herzöge in Baiern und Niederlothringen. Eine letzte Fußnote in der Geschichte hinterließ das Gegenkönigtum Hermanns von Salm, ebenfalls ein Luxemburger, gegen König Heinrich IV.

    Nachdem die Grafenfamilie 1136 im Mannesstamm ausgestorben war, sicherte sich eine Tante des letzten Luxemburgers, die mit dem Grafen von Namur verheiratet war, dank der Unterstützung des neuen Stauferkönigs Konrad III. ihrem Sohn Heinrich IV. beide Grafschaften. Der hinterließ bei seinem Tod nur eine minderjährige Tochter Ermesinde, so dass Luxemburg als Lehen an einen Sohn Barbarossas fiel. Erst nach ihrer Volljährigkeit gelang es Ermesinde unter Ausnutzung der Wirren um staufisch-welfischen Thronstreits Luxemburg 1199 zurückzuerobern. Als Regentin für ihren Sohn Heinrich V. gelang es ihr bis zu ihrem Tod 1247, die Ländermasse zwischen Trier, Metz, Namur und Lüttich durch Stadtgründungen und dem Aufbau einer Zentralverwaltung zu einem festen Territorialstaat zu formen.

    Unter ihrem Enkel Graf Heinrich VI. rückte die Erbschaft des reichen Herzogtums Limburg – und damit der Aufstieg in den Reichsfürstenstand – sowie die Vereinigung zum bedeutendsten Territorium im Nordwesten des Reichs in greifbare Nähe. Sein härtester Konkurrent erwuchs dem Grafen in Herzog Johann I. von Brabant. Dieser besaß zwar keinerlei persönlichen Anrechte auf Limburg, hatte aber zwei Verwandten Heinrichs VI. deren Erbansprüche gegen viel Geld abgekauft.



    Am 5. Juni 1288 kam es bei Worringen nördlich von Köln zur Entscheidungsschlacht, an der auf beiden Seiten fast alle niederrheinischen Territorialherren beteiligt waren. Siegreich war Johann I. von Brabant zusammen mit den Grafen von Berg, Holland, Jülich, Loon, Kleve und Mark sowie der Stadt Köln. Heinrich VI. von Luxemburg unterlag mit seinen Verbündeten, den Grafen von Geldern, Flandern und Nassau sowie dem Kölner Erzbischof. Dabei verlor nicht nur Graf Heinrich VI. sein Leben, sondern mit seinem Bruder Walram und zwei illegitimen Halbbrüdern starben auf dem Schlachtfeld zugleich alle erwachsenen männlichen Luxemburger und viele Ritter des Landes. In der rheinischen Geschichte blieb die Schlacht von Worringen aber nicht durch die völlige Niederlage Luxemburgs oder die Vereinigung von Brabant mit Limburg in Erinnerung, sondern als weitgehender Zusammenbruch der Vorherrschaft des Kölner Erzbischofs am Niederrhein, der endgültig auch die Herrschaft über Köln, die größte Stadt des Reiches, verlor.

    Die Witwe Heinrichs VI., Beatrix von Avesnes, blieb mit fünf kleinen Kindern zurück. Dank der gefestigten Verwaltungsstrukturen Luxemburgs, der Unterstützung ihres Vaters und des mit ihr verschwägerten Grafen von Flandern und Namur konnte Beatrix die Herrschaft als Regentin stabilisieren. Doch der Friedensschluss mit Brabant war ziemlich schwierig, bis sich die französische Königinmutter Maria, die Schwester Herzogs Johann I. von Brabant, einschaltete. Denn der heldenhafte Schlachtentod Heinrichs VI. hatte an den europäischen Höfen Aufsehen und Mitleid erregt. Sie vermittelte als Zeichen dauerhafter Aussöhnung 1292 eine Ehe ihrer Nicht Margarethe, Tochter des Siegers von Worringen, mit dem 1278 in Valenciennes geborenen ältesten Sohn Heinrichs VI. Nach der Heirat holte die Königinmutter ihn nach Paris an den Hof ihres Sohnes Philipp IV., wo er eine umfassende Ausbildung zum Ritter erhielt. 1294 wurde der junge Heinrich VII. gegen eine einträgliche Jahresrente sogar Vasall des französischen Königs und verpflichtete sich zur Verteidigung der Landesgrenzen. Auch sein 1285 geborener Bruder Balduin ging 1298 für einige Jahre in die französische Hauptstadt, um an der Sorbonne Theologie zu studieren. Für ihn war eine kirchliche Karriere vorgesehen. Die am prachtverliebten französischen Hof und in der Weltstadt Paris gewonnenen Eindrücke sollten beide entscheidend prägen.

    Die Nähe zum französischen Hof, wo sich Heinrich VII. und Balduin zunächst immer wieder aufhielten, leitete den kometenhaften Aufstieg der Luxemburger ein. Im November 1305 begleiteten beide König Philipp IV. von Frankreich nach Lyon, um an den Krönungsfeierlichkeiten des neuen Papstes Clemens V. teilzunehmen. Dieser persönliche Kontakt mit dem Oberhaupt der Christenheit zahlte sich bald aus. Mit Unterstützung des französischen Königs sprachen beide bei Clemens vor, um Balduin das 1305 gerade frei gewordene Mainzer Erzbistum zu verschaffen. Doch mit nicht einmal 20 Jahren war Balduin nach Kirchenrecht dafür zu jung, weshalb sich der Papst für Peter von Aspelt entschied, der aus einer Luxemburger Ministerialenfamilie stammte und als Kanzler des böhmischen Königs Wenzel II. lange Jahre Verwaltungserfahrung gesammelt hatte. Drei Jahre später war es für Balduin soweit: Das Trierer Domkapitel sprach sich mehrheitlich für den seit 1304 als Dompropst wirkenden Luxemburger als neuen Erzbischof aus. Am 11. März 1308 erhielt er in Poitiers von Clemens V. persönlich die Weihe und gab Philipp IV. dankbar ein Treueversprechen.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  15. #300
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    Drei Familien: Wittelsbach



    Es war kein Zufall, dass Papst Clemens V. dem französischen König Philipp IV. eng verbunden war. Frankreich war in den vergangenen Jahrzehnten zur stärksten Macht Europas aufgestiegen. Der Kapetinger Philipp nutzte seinen Einfluss, immer mehr französische Kardinäle an der römischen Kurie zu installieren und seinen Gegner, Papst Bonifaz VIII., politisch in die Ecke zu drängen. Mit Clemens V. wurde 1305 dann ein Franzose zum Papst gewählt, der sich gar nicht erst in Rom krönen ließ, sondern dafür eigens nach Lyon reiste. Zwei Jahre später ließ König Philipp dann den mächtigen Templerorden zerschlagen, bei dem er hoch verschuldet war. Die landesweiten Verhaftungen der Templer erfolgten an einem Freitag, den 13. - daher der Aberglaube vom Unglückstag. Die Templer wurden der Ketzerei angeklagt und verurteilt, ihre Führer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Vor seinem Tod verfluchte der Templer-Großmeister Jaques de Molay den Papst und den König auf Generationen.

    Clemens stand völlig unter dem Einfluss der französischen Krone und siedelte 1309 schließlich ganz nach Avignon über. Zahlreiche Päpste hatten energisch gegen jede Art der Abhängigkeit von weltlichen Herrschern gekämpft, jetzt war der Heilige Vater ein Spielball französischer Machtinteressen – und büßte seine Autorität als überparteilicher Macht in Europa ein. In Avignon uferte der Nepotismus und die Prunksucht der Kurie erst recht aus, eine fatale Entwicklung, an die sich bald der sogenannte „Armutsstreit“ (die Franziskaner kritisierten die Abkehr der Kirche vom Armutsideal) anschließen sollte.

    Auf der Rückreise erreichte die beiden Luxemburger die Nachricht von der Ermordung König Albrechts I. von Habsburg. Nun war die Stunde für Heinrich VII. gekommen, dem die Stimmen der Erzbischöfe von Trier und Mainz schon sicher waren. Denn an einer Nachfolge des Königssohns, Herzog Friedrich der Schöne von Österreich, bestand unter den Kurfürsten wenig Interesse. Auch andere Kandidaten wie der Bruder König Philipps IV. von Frankreich wurden durch das geschickte Taktieren des erfahrenen Diplomaten Peter von Aspelt ausmanövriert. Die entscheidende Tagung der Königsmacher fand Ende November 1308 in Rhens statt. Heinrich VII. machte ihnen weitreichende Zugeständnisse, zum Beispiel die Wiedererrichtung der von Albrecht abgeschafften Rheinzölle und zusätzlich große Geldsummen.

    Schließlich fand am 27. November 1308 im Dominikanerkloster in Frankfurt die einmütige Wahl der sechs Kurfürsten statt, da ihnen der Luxemburger zwar würdig, aber aus Eigeninteresse nicht zu mächtig erschien. Nur der böhmische König Heinrich von Kärnten war der Wahl fern geblieben, da er aus Angst vor einem Aufstand sein Land nicht verlassen wollte. Am 6. Januar 1309, dem Festtag der Heiligen Drei Könige, fand die Krönung des Luxemburgers in Aachen statt. Nach der Schlacht von Worringen zwanzig Jahre zuvor hatte die Luxemburger Dynastie Heinrichs VII. vor ihrem Aus gestanden, jetzt hatten sie dank zäher Vorarbeit und durch Begünstigung des Schicksals einen unerwarteten Gipfel ihrer Macht erreicht.

    Der neue König stand vor dem gleichen Problem wie seine Vorgänger: Er musste die Interessen der Kurfürsten respektieren, wenn er Ärger vermeiden wollte, musste mangels eigener Hausmacht aber zusehen, die königliche Machtbasis im Reich zu erweitern, um so etwas wie Politik überhaupt betreiben zu können. Und Heinrich VII. hatte durchaus eine politische Agenda, wie sich zeigen sollte. Bei seinem traditionellen Umritt, der hauptsächlich in Süddeutschland stattfand, wurde ihm als erstes von böhmischen Adeligen Mitte 1309 die Frage vorgelegt, wer denn in Prag herrschen solle. Seit 1306 waren die männlichen Przemysliden ausgestorben und der Habsburger Friedrich der Schöne stritt mit dem Meinhardiner Heinrich von Kärnten um den Zugriff auf die böhmische Krone. Die Entscheidung des neuen Königs in dieser Frage war bestechend: Weder der eine noch der andere.



    Heinrich VII. erklärte den Meinhardiner kurzerhand für abgesetzt, zog das Königreich Böhmen – begründet mit dem Aussterben der Przemysliden – als erledigtes Reichslehen ein und vergab es: Seinem 14jährigen Sohn Johann von Luxemburg. Zur Absicherung wurde rasch noch die böhmische Prinzessin Elisabeth herbeigeschafft, die Johann heiratete.



    Damit hatte der Luxemburger nicht nur ein bedeutendes Reichsterritorium, sondern auch noch eine Kurstimme, für sein Haus gesichert. Um die enttäuschten Habsburger zu besänftigen, hielt Heinrich VII. Ende August 1309 einen Hoftag in Speyer ab, wo er ihnen zur Kompensation faktisch die Markgrafschaft Mähren überließ, indem er sie an die Habsburger verpfändete. Die Beute Böhmen wurde sozusagen geteilt. Ähnlich löste der Luxemburger auch das Problem mit Thüringen, an dem sich König Adolf so folgenreich verbissen hatte: Heinrich VII. gab den Wettinern einen Teil (Meißen) des strittigen Gebiets ab. Damit waren auf dem Hoftag die dringendsten Probleme innerhalb des Reichs schon mal geregelt. Heinrich VII. konnte sein eigentliches Anliegen auf die Tagesordnung bringen: Er wollte im Herbst 1310 zum Zug nach Rom aufbrechen.

    Mit dem Luxemburger Heinrich VII. saß tatsächlich noch einmal ein König auf dem deutschen Thron, der in traditioneller Weise die Interessen der Krone in Oberitalien und Rom zur Geltung bringen wollte. An solchen Anstrengungen war beispielsweise Rudolf I. von Habsburg ja gar nicht interessiert gewesen. Heinrich VII. war es damit ernst. Er sicherte sein kommendes Erscheinen in Norditalien zunächst diplomatisch ab, Gesandte wurden nach Mantua, Padua, in die Toskana, der Lombardei und nach Piemont geschickt, wo sie den König ankündigten und die miteinander streitenden Städte aufforderten, allen inneren Hader beizulegen, den König respektvoll zu empfangen und ihm auf Verlangen Bewaffnete zuzuführen. Auch in Richtung Frankreich sicherte sich Heinrich ab, denn eine Kaiserkrönung in Rom berührte die Interessen des Hauses Anjou in Neapel. Heinrich VII. verabredete mit König Philipp IV. dem Schönen (1285-1314) die Unverletzlichkeit ihrer Länder sowie eine Heirat einer Tochter des deutschen mit dem Sohn des neapolitanischen Königs. Zu der Ehe kam es letztlich nicht, aber egal, die laufenden Verhandlungen unter Moderation des Papstes Clemens V. sorgten für angemessen gute Stimmung. Wichtig für Heinrich VII. war, dass seine Kaiserkrönung in Rom nicht für allzu viel Skepsis in Paris und Neapel sorgte. Ohne Frage wäre Philipp IV. in der Lage gewesen, den Papst von der Kaiserkrönung abzuhalten.

    Im Herbst 1310 hatte Heinrich VII. seine Vorbereitungen wie geplant abgeschlossen. Es gab in Süddeutschland noch einen Krieg mit dem renitenten Grafen Eberhard von Württemberg zu führen, aber das überließ der König den schwäbischen Reichsstädten. Böhmen tatsächlich in Besitz zu nehmen, war die Aufgabe seines Sohnes Johann, dem er dafür den Mainzer Erzbischof Peter samt eines Heeresaufgebots zur Seite stellte. In Begleitung seiner Gemahlin Margarete und seiner beiden Brüder Walram und Erzbischof Balduin sowie einiger Fürsten und Heeren aus dem Westen des Reiches überquerte der König im Oktober 1310 die Alpen. Die erste Station des fünftausend Mann zählenden königlichen Heeres waren Susa und Turin.



    Zum ersten Mal seit dem Ende der Staufer stand erstmals wieder ein römisch-deutscher König auf italienischem Boden. Seither hatte sich die Lage des Landes aber beträchtlich verändert: Der mit den französischen Kapetingern verwandten und verbündeten Anjou trugen die Krone von Neapel-Sizilien vom Papst zu Lehen. Die Insel Sizilien befand sich in der Hand des mit den Staufern verwandten Aragonesen Friedrich III., der mit den Anjou tödlich verfeindet war. Die Macht und Unabhängigkeit der im Norden und in der Mitte Italiens gelegenen Städte, die schon Friedrich Barbarossas und Friedrich II. die Stirn geboten hatten, war in den vergangenen Jahrzehnten noch beträchtlich gewachsen. An die Stelle des einstigen republikanischen Regiments war allerdings vielerorts die Signorie getreten, eine monarchisch-autokratische Herrschaftsform. Häufig waren diese Kommunen, die an Wirtschaftskraft und Steueraufkommen so gut wie alle Städte nördlich der Alpen weit übertrafen, nicht nur von heftigen inneren Parteikämpfen zwischen Guelfen und Ghibellinen gebeutelt, sondern mehr oder weniger in einem Kampf aller gegen alle verstrickt.

    Die Ghibellinen, benannt nach dem Kampfruf „Waiblingen“ der Staufer, waren dabei die Parteigänger des Kaisers. Die ghibellinischen Städte waren also diejenigen, die Heinrich VII. freundlich aufnahmen und die Autorität seiner Krone akzeptierten. Der Name Guelfen leitete sich vom Namen der stauferfeindlichen Welfen ab, unter ihnen verstand man diejenigen, die die Politik des Papstes unterstützten und sich gegen den König stellten. Unversöhnlich standen sich etwa das traditionell kaiserlich gesinnte Pisa sowie Florenz gegenüber, das um seine Macht und Unabhängigkeit fürchtete und daher von Anfang an gegen König Heinrich VII. Stimmung machte. Viele Menschen mochten denn auch von einem überparteilichen, die höchste weltliche Autorität verkörpernden römischen König und zukünftigen Kaiser Frieden und Sicherheit erhoffen. Die parteilichen Grenzen waren selbst innerhalb der Guelfen fließend, so gab es in Florenz seit 1300 noch die Unterteilung in Weiße und Schwarze Guelfen. Die Weißen waren bereit, mit der kaiserlichen Partei einen Kompromiss zu schließen, während die Schwarzen Guelfen sozusagen die Hardliner darstellten. Je nach aktueller Regierung in den Kommunen wurden Anhänger der einen oder der anderen Partei der Stadt verwiesen und ins Exil geschickt. Opfer dieser Machtpolitik wurde in Florenz beispielsweise auch der berühmte Dichter Dante.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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