Am Tag dieser Schlacht war die gestürzte Königin Margarete von Anjou mit ihrem Sohn in Südengland gelandet. Er, der 17jährige Lancaster-Prinz Edward, brannte darauf, seinen Anspruch durchzusetzen. In kürzester Zeit gelang es Margarete, in Wales und Lancashire eine Armee auszuheben. Doch im Mai 1471 unterlag sie in einer Schlacht, bei der ihr Sohn auf der Flucht eingeholt und gnadenlos getötet wurde, sie selbst wurde gefangen genommen. Die überlebenden Führer der Lancaster (darunter der letzte Beaufort namens Edward) wurden zwei Tage später in einem Hochverratsprozess unter Vorsitz Richards von Gloucester zum Tode verurteilt und enthauptet. Im Krieg gegen Frankreich hatte man die meisten Ritter der anderen Partei geschont, um sie gegen ein hohes Lösegeld einzutauschen. In den Rosenkriegen wurde es dagegen blutiger Brauch, die großen Lords und Ritter hinzurichten, oft noch auf dem Schlachtfeld.
Am 21. Mai 1471 zog Edward IV. mit seinen beiden Brüdern in London ein. Die Parade wurde von Richard von Gloucester angeführt, den Abschluss bildete Margarete, die als Besiegte in einer Kutsche mitgeführt wurde. In dieser Nacht starb der unglückliche König Henry VI. im Tower, der Letzte seiner Linie. Gerüchte sagten, Edward IV. habe befohlen, seinen verwirrten Vorgänger ermorden zu lassen, um mit dem Haus Lancaster für immer Schluss zu machen. Andere Stimmen sahen in Richard den Urheber der Mordtat, der befand sich nämlich im Tower, als es passierte.
Einen Vertreter der Lancaster mit einem Thronanspruch gab es doch noch, nämlich den bis dahin unbedeutenden Tudor Henry, der 1457 in Wales zur Welt gekommen war. Rasch brachten einige Getreue den 14jährigen in Sicherheit vor den Häschern der York, und das bedeutete, dass Henry Tudor England verlassen musste. Die Bretagne wurde zu seinem Fluchtort.
Das Ende der Lancaster begünstigte Richards Aufstieg zur Macht. Der 18jährige Bruder des Königs nahm prompt Warwicks 16jährige Tochter Anna zur Frau, die ja eigentlich als Braut für den nunmehr getöteten Sohn Henrys VI. gedacht gewesen war. Natürlich war es nicht die Person Annas, die Richard Gloucester interessierte, es war das reiche Erbe in Nordengland, das dem Mädchen durch den Tod Warwicks zugefallen war. Richard lebte fortan auf jener Burg, auf der er einst Warwick als Page gedient hatte. Der König machte ihn zudem zum Erben eines großen Teils der Warwick-Besitztümer im Norden. Sie bildeten die Grundlage von Richards Macht, die bald über die von Warwick hinausging. Dort im Norden Englands wurde er zum Stellvertreter des Königs, immer gut zu tun mit Unruheherden, Verbrechen und Rechtsprechung, und Instandhaltung der Grenzverteidigungen gegen Schottland. Der Adel des Nordens akzeptierte Richard als seinen Lord, für seine Arbeit und nicht zuletzt wegen seiner Heirat mit Warwicks Tochter. Im Jahre 1473 brachte Anna einen Sohn zur Welt, der auf den Namen des königlichen Onkels Edward getauft wurde.
Alles in Butter also bei den Brüdern York? Nein. Obwohl der mittlere Bruder George durch seinen königlichen Bruder Verzeihung gewährt worden war und George größtenteils seine Ländereien und Titel zurückerhalten hatte, blieb er von Neid erfüllt. Dieses Mal war es der Neid auf den jüngeren Bruder Richard, der es inzwischen zu mehr Einfluss und Macht als er selbst gebracht hatte. Heimlich erneuerte George seine Verbindungen zu den Rebellen, um selber nach der Krone Englands zu greifen. Der König reagierte darauf mit Härte, denn er hatte jetzt die Geduld mit seinem Bruder verloren. George von Clarence wurde des Hochverrats angeklagt und am 7. Januar 1478 vom Parlament zum Tode verurteilt. Es gab keine öffentliche Hinrichtung, es wurde am 18. Februar 1478 lediglich der Tod Georges bekanntgegeben. Der Sage nach durfte er, als letzte Gnade seines Bruders, seine Todesart aussuchen: George wurde in einem Fass Wein ersäuft.
Während der biedere Richard Gloucester es während dieser Jahre vorzog, in Nordengland zu bleiben (er leistete dort übrigens gute Arbeit, die ihm das Wohlwollen seiner Fürsten sowie des Königs einbrachte), genoss Edward IV. seine Herrschaft in vollen Zügen. Zwischendurch erwog er – nun, da die Lancaster besiegt und vernichtet waren – den Krieg gegen Frankreich wieder aufleben zu lassen. Aber der König von Frankreich kaufte Edward IV. den Anspruch auf die französische Krone für eine königliche Summe ab. Damit ließ es sich Edward in den folgenden Jahren sehr gut gehen, ja er wurde regelrecht maßlos in seinen Ausschweifungen. Er betrog seine Königin nicht einfach nur mit einer Reihe von Mätressen, wie fast jeder seiner Vorgänger es getan hatte, sondern zog sich immer häufiger auf irgendeine verschwiegene Burg zurück, wo er die wildesten Orgien veranstaltete. Edward IV. soff und fraß viel zu viel und wurde fett und krank. Das rächte sich 1483: Um Ostern herum erlitt er vermutlich einen Schlaganfall und starb am 9. April im Palast zu Westminster.
Edward IV. hinterließ einen unmündigen Erben, den zwölfjährigen Edward, sowie einen weiteren Sohn, den neunjährigen Richard von York. Daneben fünf Töchter und ein politisches Testament. Darin vermachte der König seinen Thron dem ältesten Sohn, bestimmte aber zugleich seinen Bruder Richard Gloucester zum „Schutzherrn der Kinder und des Reiches“, solange bis der Junge einmal selber als Edward V. regieren würde. Beim Clan der Woodville sorgte die letzte Verfügung des Königs für große Aufregung. Die Familie der Königin war fest entschlossen, sich der Regentschaft Richards zu widersetzen und befand sich in einer starken Position: Der junge Thronfolger lebte in Obhut eines Woodville an der Grenze zu Wales. Hierbei handelte es sich um Anthony Rivers, dem Grafen von Rivers (wie bei den englischen Fürsten üblich, wurde auch er nach seinem Titel oft schlicht als „Rivers“ bezeichnet). Rivers war der Bruder der Königin, somit ein Onkel des Thronfolgers. Seine Beziehung zu dem jungen Edward V. soll sehr herzlich gewesen sein, Rivers war dem Jungen ein Vaterersatz. Anthony Woodville war als Erzieher des Prinzen berechtigt, über dessen Einkünfte zu verfügen, seinen Aufenthaltsort zu bestimmen und Truppen für seine Sicherheit auszuheben. Die Königin Elisabeth Woodville drängte nun darauf, den Thronfolger so schnell wie möglich zu krönen, Minderjährigkeit egal. Denn war der Prinz erst einmal offiziell König, musste Richard sein Amt als Lord Protektor niederlegen. Und tatsächlich: Der 4. Mai 1483 wurde in einer Abstimmung des englischen Hochadels als Krönungstermin festgesetzt.
Warum diese vermeintlich kleinliche Debatte um die Krönung des Jungen? Regieren konnte er in seinem Alter ja eh noch nicht. Der Zeitpunkt der Krönung hatte aber erhebliche Rechtsfolgen: Bis dahin war der Lord Protektor als Regent der „geschäftsführende Regierungschef“, danach trat der Rat an seine Stelle. Und in diesem Konzil hatten die Woodville die Mehrheit, sie würden also in der Lage sein, den minderjährigen Edward V. in ihrem Sinne regieren zu lassen. Den übrigen Adeligen, die sich sowieso kaum mit den Emporkömmlingen der Woodville abfinden mochten, war der Gedanke ein Gräuel. Und dann wollte die Sippschaft der Königin auch noch das Testament des verstorbenen Königs missachten, in dem ja Richard von Gloucester als Regent bestimmt worden war. Richard konnte also durchaus auf Unterstützung des Hochadels bauen, wenn er es mit dem Krönungstermin nicht so eilig hatte. Ein Blick zurück zu CK2: Hier gibt es im Gegensatz zu EU4 neben dem Rat/Konzil noch das Amt des Regenten, das trifft die Situation im Jahre 1483 ganz gut.
Am 24. April machte sich Woodville mit seinem Schützling und zweitausend Mann Begleitung in Richtung Hauptstadt auf. Richard Gloucester war mit sechshundert Mann ebenfalls auf dem Weg. Vor London sollten die beiden Onkel des Königs zusammentreffen, um gemeinsam die Eskorte des Prinzen zu bilden. Noch ein Dritter war unterwegs zu dem Treffen: Henry Stafford, Herzog von Buckingham. Er hatte Richard durch einen Boten wissen lassen, „in dieser neuen Welt“ stünde er zur Verfügung. Richard konnte sich keinen besseren Verbündeten wünschen als den prominenten Hochadeligen Buckingham, der die Königin hasste, weil diese ihn als Kind in eine nicht standesgemäße Ehe mit einer ihrer Woodville-Schwestern gezwungen hatte. Ein weiterer Verbündeter Richards in diesem Spiel war William Hastings, ein alter Gefolgsmann der Yorkisten. Der war mit der Schwester des damaligen Königsmachers Richard Neville verheiratet und misstraute den Woodville ebenfalls zutiefst. William Hastings hatte durchaus Einfluss und war wie Buckingham der Meinung, es sei besser, wenn nicht Edward V. als Marionette der Woodville, sondern stattdessen Edwards Onkel Richard als vom Kronrat legitimierter König über England herrsche.
Am 29. April 1483 trafen sich Richard Gloucester, Henry Buckingham und Anthony Woodville zu einem vergnüglichen, freundschaftlichen Essen. Am nächsten Morgen aber wurde der überraschte Woodville festgenommen und in ein Gefängnis gebracht. Die Anklage lautete, er habe eine Verschwörung gegen das Leben des Lord Protektors Richard geplant. Zwei Monate später wurde Anthony Woodville enthauptet. Richard überzeugte den jungen Prinzen, dass die Woodville sich über das Testament des Königs hinwegsetzen wollten und eine Gefahr darstellen würden. Gemeinsam ziehen sie unter dem Jubel von Adel und Volk in London ein, doch der Krönungstermin wird auf den 22. Juni verschoben.
Wenige Wochen nur blieb Richard das mächtige Amt des Lord Protektor, nur bis zur Thronbesteigung des Prinzen Edward. Im Parlament war man gegenüber Richard durchaus misstrauisch – Gerüchte machten die Runde, dieser wolle selbst nach der Krone greifen. Richard beruhigte sie und bestätigte die meisten Männer in ihren bisherigen Funktionen. Da war es in Ordnung, dass auch einige Anhänger Richards mit Aufgaben bedacht wurden, vor allem sein Verbündeter Buckingham. Der erhielt unter anderem die Vollmacht, den Tower als angemessene Residenz für die beiden jungen Prinzen zu empfehlen. Zu dieser Zeit war die Festung noch nicht Sinnbild für Einkerkerung und Hinrichtung, sondern Arsenal und Schatzkammer der Krone. Im Auftrag von Buckingham wurde der Erzbischof von Canterbury zur Königin geschickt, und er überredete sie, ihm ihre beiden Söhne mitzugeben, auf dass sie bis zur Krönung sicher im Tower untergebracht sein würden.
In dieser Phase fühlte sich Richards Komplize, William Hastings, an die Seite gedrängt. Angeblich nahm Hastings deshalb sogar Kontakt zur Familie Woodville auf. Die Verbindung wurde, real oder erfunden, enttarnt und Hastings am 13. Juni 1483 von Richard des Hochverrats beschuldigt. Hastings wurde im Tower von London auf die Grünfläche geschleppt und ohne einen Prozess (der ihm als Mitglied des Kronrates klar zustand) sofort nach seiner Beichte enthauptet.