Das war die existenziellste Krise, der sich die Menschheit jemals gegenüber sah. Und die Gesellschaften der verschiedenen Kulturen und Nationen reagierten auch ganz unterschiedlich auf diese Bedrohung. Fangen wir mit den Ereignissen in Nordamerika an: Dort waren seit dem Fund des Monolithen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die christlichen Rechten erstarkt. Anhänger und Gegner des Raumschiffbaus unter den Religiösen hielten sich zunächst die Waage. Doch mit dem Ausbruch der Tiberiumverseuchung 1950 war klar, dass die amerikanischen Christen dies alles als gottlos verurteilten. Die christlichen Rechten nahmen über das Fernsehen starken Einfluss auf die öffentliche Meinung und die politischen Entscheidungen. Die Verseuchung der Erde durch das Tiberium bezeichneten sie als Strafe Gottes für das lästerliche Treiben der Anderen. Das konnte wahlweise der Raumschiffbau sein, der mit dem Turmbau zu Babel verglichen wurde. Oder die Wissenschaft, die auf ihrer Suche nach den grundlegenden Antworten nicht nach Gott fragte. Oder das Tolerieren von Homosexualität durch liberale Zeitgenossen. Gewöhnlich war es eine Mischung aus allen möglichen Punkten, die die rechten Christen als Grund für die Gottesstrafe anführten.
Am 2. Juli 1960 standen unter dieser aufgeheizten Atmosphäre die politischen Wahlen in Kanada an. Das Land war bisher nicht unmittelbar von der Tiberiumverseuchung betroffen, doch an der US-Ostküste waren bereits weite Gebiete verloren. Mit kräftiger finanzieller Unterstützung der rechten Christen der USA gewannen die “Bibeltreuen Christen Kanadas“ die Wahl mit fast 40% der Stimmen und gingen eine Koalition mit der Konservativen Partei ein. Die Regierung ging sogleich daran, das Land auf einen stramm religiösen Kurs zu bringen. Der Premier erklärte, dass Gott alle Menschen in diesen Tagen der Zerstörung prüfe und ein jeder sich zu Jesus Christus bekennen müsse, um seine Seele zu retten. Das Ende der Welt stünde bevor, und mit dem Ende würde der Antichrist sich über den Erdball erheben und die Völker verführen. Der Versuch, das Tiberium mit industriellen Mitteln zu bekämpfen, oder Hoffnungen in den rechtzeitigen Bau des Raumschiffes zu setzen, seien vergebliche Irrungen der Verblendeten. Nur wer standhaft bis zum Tode bleibe, könnte jetzt noch gerettet werden.
In Westeuropa setzte man auf die Bekämpfung und Erforschung des Tiberiums. Hier hoffte man darauf, der Bedrohung Herr zu werden, sobald man die Natur dieser außerirdischen Kristalle – oder Lebensform? – nur verstehen würde. Antworten darauf sollte der bemannte Flug des Raumschiffes zum Jupitermond Europa geben, wo man den riesigen Monolithen untersuchen wollte. Doch der Bau des Raumschiffes war ins Stocken gekommen, was angesichts der Kontamination weiter Landstriche und dem Massensterben der Menschen zwangsläufig war. Die Not leidende Bevölkerung hatte zudem wenig Verständnis für das Festhalten der deutschen Regierung an diesem Projekt. Das Unheil nahm weiter seinen Lauf.
In die beschädigten Häuser auf dem europäischen Kontinent drangen erkrankte Kleintiere ein und trieben ihr Unwesen im Inneren der Gebäude. Eichhörnchen, Marder und Eidechsen nagten Nisthöhlen in das Ständerwerk, während Spechte den Wänden von der anderen Seite zu Leibe rückten. Auch wenn ihnen anfangs die angeblich unverwüstlichen Fassadenkleidungen aus Aluminium, Vinyl oder den wartungsfreien Zementfaserprofilen das Leben schwer machten, brauchten sie nicht lange zu warten, bis das Tiberium den meisten dieser Werkstoffe ein Ende bereitete. Die ursprünglichen Farbimprägnierungen der Gebäude waren schon fast verschwunden. Während das kontaminierte Wasser sich unaufhaltsam seinen Weg in Schnittkanten hinein suchte und durch die Löcher sickerte, die einst Nägel gefüllt hatten, machten sich das Tiberium über die organischen Baustoffe her und ließen nur einige Mineralien zurück. Abgefallene Vinylverkleidungen, deren Farbe rasant verblasste, waren spröde und brüchig geworden, da das Tiberium ihre Weichmacher zersetzte. In das Aluminium hatte es dagegen kleine Löcher gefressen, in denen eine körnige weiße Schicht zurück blieb. Verzinkte stählerne Heizungszüge und Kühlschächte wurden innerhalb weniger Jahre in Zinkoxid umgewandelt. Jetzt war die Verzinkung zerfressen, und die ungeschützten dünnen Stahlbleche zerfielen in Windeseile. Schon lange zuvor waren die wasserlöslichen Bestandteile des Rigips im Erdreich versickert und in den kontaminierten Gebieten stand von den meisten Gebäuden nur noch der Schornstein. Doch auch von diesen fielen die Ziegel nach und nach herab und zerbrachen, weil der Kalkmörtel unter dem Einfluss der Temperaturschwankungen bröckelig wurde und zu Staub zerfiel.
Im Mittelmeerraum zerfielen die vormals von Touristen bevölkerten Hotelanlagen an den Stränden. Wo einst ein Swimmingpool war, fand man jetzt einen mit Tiberium verseuchten Blumenkasten, denn in den Becken wuchsen entweder die Aussaat jener Ziersträucher und Bäume, die einst nur die Gärten schmückten, oder heimische Laubhölzer, einst an den Rand der Hotelanlagen abgedrängt, wo sie auf ihre Chance zur Rückeroberung des Terrains lauerten. Die verseuchten Bäume waren eine fremdartige Verbindung mit dem außerirdischen Tiberium eingegangen und bliesen Sporen in die Luft. Diese Sporen wurden von wissenschaftlichen Mitarbeitern eingesammelt und zur Untersuchung in die deutschen Laboratorien geschickt. Überall in Deutschland konzentrierten sich die Städte darauf, entweder den Bau des Raumschiffes weiter zu treiben, oder es wurden Laboratorien eingerichtet, die sich der Tiberiumforschung widmeten.
Wenn die verlassenen Häuser über Keller verfügten, so füllten sich auch diese mit Erde und dem pervertierten Pflanzenleben. Verseuchte Sträucher rankten in unheimlichem Wachstum an stählernen Gasleitungen empor, die unter dem Einfluss des Tiberiums in kurzer Zeit zu Rost zerfielen. Die weißen PVC-Rohre in den Bädern und Küchen nahmen eine gelbliche Färbung an und wurden an der dem Licht zugekehrten Seite dünn. Dort hatte das Tiberium das Chlorid zu Salzsäure verwittert, die nun sich selbst und das Polyvinyl in seiner Umgebung auflöste. Nur die Kacheln in den Badezimmern der deutschen Haushalte waren relativ unverändert geblieben, da die chemische Eigenschaft gebrannter Keramik offenbar nicht mit dem Tiberium reagierte – auch wenn die Kacheln nun, mit verseuchten Pflanzen vermischt, am Boden lagen.
Deutschland hatte sich trotz der apokalyptischen Ereignisse bisher ein bemerkenswertes Maß an gesellschaftlicher Freiheit bewahren können. Es gab einerseits die kontaminierten Gebiete, über die die deutsche Regierung den Ausnahmezustand verhängen musste. Andererseits fanden noch immer, wie in Friedenszeiten, freie Wahlen im Land statt. Das Krisenmanagement der Regierung Schröder, im Rückblick gesehen, noch nicht einmal schlecht gewesen, doch damals sahen die Menschen vor allem das, was sie nicht zu schaffen vermochte.
Nach der Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 1961 erklärte Gerhard Schröder, er wolle so bald wie möglich Neuwahlen auf Bundesebene erreichen, da er die Grundlage für seine Politik in Frage gestellt sehe. Am 1. Juli 1961 stellte er im Bundestag die Vertrauensfrage. Sie endete mit 151 Ja-, 296 Nein-Stimmen und 148 Enthaltungen. Damit war die notwendige Kanzlermehrheit nicht erreicht. In der Öffentlichkeit wurde als rechtlich problematisch diskutiert, dass der Kanzler die Absicht hatte, in der Abstimmung zu unterliegen. Gerhard Schröder beantragte nach der Abstimmung bei Bundespräsident Horst Köhler die Auflösung des Deutschen Bundestages. Köhler entsprach dem Antrag am 21. Juli und setzte Neuwahlen für den 18. September 1961 an.
Bei dieser Wahl erreichte die SPD 34,2 % der Stimmen und damit 222 von 614 Sitzen. Sie ging damit aus den Wahlen als stärkste Partei hervor, war aber auf Grund der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU nur zweitstärkste Fraktion im Deutschen Bundestag. Die Grünen errangen 51 Sitze. Für den Fall einer möglichen großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD beanspruchte Schröder zunächst entgegen der Tradition, nach der immer die stärkere Fraktion einer Koalition den Regierungschef stellt, das Amt des Bundeskanzlers weiterhin für sich, erklärte aber später indirekt seine Bereitschaft zum Verzicht auf eine Führungsrolle in einer neuen Regierung. In diesem Zusammenhang bewertete der scheidende Bundeskanzler seinen Auftritt am Wahlabend 1961 auf den Rat seiner presseerfahrenen Frau hin als „suboptimal“. Schröder führte auch nach der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. Oktober 1961 das Amt des Bundeskanzlers auf Ersuchen des Bundespräsidenten weiter, bis der Bundestag am 22. November 1961 Angela Merkel zur neuen Bundeskanzlerin gewählt hatte. In ihrer Regierungserklärung vom 29. November 1961 lobte Angela Merkel Schröder für die Maßnahmen seiner Regierung im Rahmen der Tiberiumbekämpfung.
Angela Merkel (ab 1961)
Zu Beginn der Legislaturperiode traten Merkel und ihr Kabinett weder außen- noch innenpolitisch in besonderem Maße in Erscheinung. Lediglich Merkels Minister sorgten für einige Schlagzeilen, die sich aber mehr auf Kompetenzfragen oder die langfristige Ausrichtung der Regierungsarbeit als auf konkrete Sachfragen bezogen. Ende März 1962 legte Merkel ein Acht-Punkte-Programm für die zweite „Etappe“ der Legislaturperiode vor. Darin wurden geplante Anstrengungen in den Bereichen Tiberium- und Raumschiffpolitik, Forschung und Innovation, Energiepolitik, Haushalts- und Finanzpolitik, Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik und insbesondere Gesundheitsprogramme für Tiberiumgeschädigte skizziert. Ungeachtet des Fehlens einschneidender Maßnahmen stieß Merkels eher sachlicher Regierungsstil anfangs in der Bevölkerung und unter den Führungskräften der Wirtschaft überwiegend auf Zustimmung.